"Hart aber fair"-Gäste warnen vor Rüstungspaket: "Der neuen Supermacht EU soll Merz vorstehen"
Autor: teleschau - Doris Neubauer
, Dienstag, 18. März 2025
Der 18. März ist Tag der Entscheidung: Im Bundestag wird über das Milliarden-Paket von Union und SPD für Landesverteidigung und Infrastruktur abgestimmt. Am Tag zuvor stellt Louis Klamroth bei "Hart aber Fair" die Gretchenfrage: "Ist Aufrüsten alternativlos?"
"Whatever it takes" - mit diesem viel zitierten Satz haben sich Friedrich Merz und die CDU um 180 Grad gedreht: Am Dienstag wird der Deutsche Bundestag über einen Gesetzesentwurf abstimmen, der in den kommenden Jahren schier unbegrenzt Ausgaben für die Verteidigung ermöglichen soll. Angesichts des unberechenbaren US-Präsidenten Donald Trump auf der einen und des aggressiven russischen Präsidenten Wladimir Putin auf der anderen Seite sei das notwendig, so begründete Merz die Kehrtwende hinsichtlich seiner Aussagen vor der Wahl.
Diese Kehrtwende blieb in Moskau nicht unbemerkt, berichtete Korrespondentin Ina Ruck am Montagabend bei der Sendung "Hart aber fair" zum Thema "Milliarden für die Bundeswehr - ist Aufrüsten alternativlos?" aus Russlands Hauptstadt. Dort würden medial "wilde Vergleiche" mit den Nazis gezogen und gesagt, Merz mache dasselbe wie Hitler.
Gleichzeitig gab sie wenig Hoffnung, dass das ebenfalls für morgen angekündigte Telefonat zwischen Putin und Trump eine baldige Waffenruhe oder Friedenslösung einläuten könnte. Putin hätte nur Interesse, die Ukraine zu kontrollieren, wusste Ruck: "Wie er dahin kommt, ob über Krieg oder eine Friedenslösung, die seine Bedingungen beinhaltet, ist zweitrangig."
Julian Nida-Rümelin: "Es gibt ein Effizienz- und Effektivitätsproblem in Europa"
Deutschland müsse deshalb in erster Linie Soldaten zur Landes- und Bündnisverteidigung von EU und Nato ausrüsten, betonte die Politikwissenschaftlerin Andrea Rotter von der SPD-nahen Hanns-Seidel-Stiftung. Dabei sei die Bundeswehr selbst nur ein Ausschnitt: "Es geht nicht nur um die Bundeswehr, sondern um Bevölkerungs- und Zivilschutz", stellte CDU-Politiker und Oberst a.D. Roderich Kiesewetter klar.
"Deutschland muss in der Lage sein, sich zu verteidigen", sprach sich auch Ex-Kultur-Staatsminister Julian Nida-Rümelin für Investitionen in die Bundeswehr aus. Allerdings verwies ausgerechnet er als Philosoph auf die Zahlen ("Empirie ist hilfreich"): China habe dreimal so hohe Rüstungsausgaben wie Russland, in den USA seien sie sogar neunmal höher. Auch Deutschland, Frankreich und Großbritannien gäben zusammen mehr aus. "Wenn es so massive Probleme in der Verteidigungsfähigkeit gibt, dann gibt es ein Effizienz- und Effektivitätsproblem in Europa", warnte er davor, Geld zu verpulvern.
Dass Merz das anders sehe, wie Klamroth einwarf, klang für die langjährige "taz"-Chefredakteurin Bascha Mika "gruselig". Bei Merz gehe es ihrer Ansicht nach um mehr als Verteidigung. Eine Befürchtung, die auch Podcaster und Autor Ole Nymoen teilte. Merz Aussagen wie "Deutschland ist zurück" klängen nach Führungsanspruch: "Der neuen Supermacht namens EU soll Merz vorstehen. Mir macht so was Angst."
Den Anstieg der Aktienkurse von Rheinmetall betrachtete derweil Bascha Mika mit Unbehagen: "Ich habe schon den Eindruck, weil die Autoindustrie abk..ckt, brauchen wir ein anderes Investitionsprogramm", meinte die Journalistin zynisch. Man müsse nicht nur in die Aufrüstung, sondern vor allem in Diplomatie massiv investieren. Man hätte die "verdammte Verpflichtung mitzureden", bezog sie sich auf den Krieg in der Ukraine: "Wir wollen nicht Trump und Putin alleine reden lassen, wo kommen wir denn da hin?"