Druckartikel: "Unser größtes Problem aktuell": Haftärztin warnt in "stern TV"-Doku vor gefährlicher Droge

"Unser größtes Problem aktuell": Haftärztin warnt in "stern TV"-Doku vor gefährlicher Droge


Autor: Teleschau  

, Freitag, 05. Sept. 2025

In Gefängnissen sind die Regeln streng - und doch kommt es immer wieder zu verbotenem Drogenkonsum und Schmuggel. In dem "stern TV"-Spezial "Eingesperrt - Leben hinter Gittern" erklärte eine Haftärztin, welche gefährliche Substanz dabei immer häufiger konsumiert wird.


Viele deutsche Gefängnisse sind an der Belastungsgrenze. Bundesweit sind 60.391 von 70.279 Plätzen belegt, eine Auslastung von 86 Prozent. Dazu kommt, dass es nicht genug Personal gibt. Schätzungen zufolge sind 2.000 Stellen in Deutschland unbesetzt - doch ohne die Mitarbeiter geht es kaum.

Wie ist also das aktuelle Leben in deutschen Gefängnissen? Das "stern TV Spezial" mit dem Titel "Eingesperrt - Leben hinter Gittern" ging nun dieser Frage auf dem Grund. Das Team spricht mit Insassen, Mitarbeitern der JVA, Angehörigen der Inhaftierten und Ärzten. Dabei zeigt sich: Nicht nur der Platz- und Personalmangel ist ein großes Problem.

Viele der Insassen sind vor ihrer Inhaftierung drogenabhängig, einige leiden zusätzlich an psychischen Erkrankungen. Um sie kümmern sich Ärzte und Ärztinnen wie Dr. Sigrid Bormann. Sie versorgt die Insassen der Justizvollzugsanstalt Uelzen und verwaltet die Medikamente in der knasteigenen Krankenstation. Oft handelt es sich um Schlafmittel: "Viele der Insassen haben ein Drogenproblem und der Schlafrhythmus ist dadurch völlig gestört", weiß die Ärztin. Dazu komme die psychische Anspannung, die den Schlaf negativ beeinflusse. Aber auch Antidepressiva und Mittel gegen Psychosen werden häufig benötigt.

"Jeder möchte das gerne haben, der drogenabhängig ist"

Härtere Medikamente, wie Betäubungsmittel, werden extra verwahrt. Im sogenannten "Panzerschrank". Das hat gute Gründe: "Das ist in der Haft und auch außerhalb der Haft begehrtes Zeug. Jeder möchte das gerne haben, der drogenabhängig ist", weiß die Medizinerin. So werden Medikamente wie Tavor, Oxycodon oder Tilidin außerhalb der Gefängnisse für viel Geld gehandelt.

Doch der Missbrauch von Betäubungsmitteln ist in den Gefängnissen nicht das größte Problem. Denn trotz strenger Kontrollen und Maßnahmen werden auch in Haft Drogen geschmuggelt. Dabei bereitet Bormann und ihren Kollegen vor allem eine Art vermehrt Sorgen. "Unser größtes Problem sind NPS, das sind neue psychoaktive Substanzen."

Demnach handele es sich um ein Pulver, das mithilfe von Flüssigkeiten auf Papier aufgetragen, in Stücke gerissen und dann geraucht werde. "Das macht uns im Moment am meisten Probleme", betont die Medizinerin. "Es fing damit an, dass Kinder ihren Vätern ein Bild gemalt haben. Auf diese Bilder wurde das dann draufgesprüht und per Brief verschickt." Besonders fatal: Manchmal reiche schon ein Viertel eines "Papier-Kästchens", um sich in einen "anderen Zustand zu versetzen".

NPS: Folgen des Drogenkonsum können fatal sein

Die Drogen sind nicht leicht zu finden: "Man kann das in den Schuh reinlegen, unter den Strumpf, zwischen den Zehen - man sieht das nicht", so Bormann. Die synthetischen Drogen spielen in deutschen Gefängnissen eine immer größer werdende Rolle. Demnach sind 80 Prozent der geschmuggelten Drogen synthetischen Ursprungs. Der Verkaufswert liege zwischen 150 und 200 Euro.

Die Folgen des Konsums können fatal ausfallen. Die Haftärztin berichtet: "Manche erbrechen, haben Durchfall, werden bewusstlos oder fallen um". Es habe aber auch schon Patienten gegeben, die drei Wochen in eine Psychose verfielen. Einen Insassen habe man sogar wiederbeleben müssen.

Um dem Drogenkonsum entgegenzuwirken werden die Insassen mit entsprechenden Medikamenten versorgt. Doch auch dabei gelten höchste Sicherheitsvorkehrungen. So sei es schon häufiger zu Drohungen gegen die Ärztin gekommen, wenn Insassen nicht die Mittel erhielten, die sie verlangten. "Das ist dann ein Fall, wo ich sage: 'Dich möchte ich das nächste Mal nicht bei mir alleine haben'", so Bormann.