Forscher spricht von "Anmaßung": Pastorin kontert in ARD-Reportage Kritik am Kirchenasyl
Autor: teleschau - Friederike Hilz
, Donnerstag, 11. Sept. 2025
Obwohl kritische Stimmen immer lauter werden, hält eine Pastorin aus Bremen weiter am Kirchenasyl fest. Die ARD-Reportage "Unter Druck - Pastorin Anja und das Kirchenasyl" zeigt, wie sie Flüchtlinge unterstützt und was sie über den Konflikt zwischen Kirche und Staat denkt.
"Gott interessiert dein Wohl. Und nicht nur dein Wohl, sondern das aller Menschen", predigt Pastorin Anja aus Bremen vor ihrer freikirchlichen Gemeinde. Die 52-Jährige nimmt sich das zu Herzen: Seit 2017 gewährt sie Geflüchteten Kirchenasyl. Doch das steht immer mehr in der Kritik, vor allem in Bremen, denn hier gab es 2024 in 200 Fällen Kirchenasyl. Im Verhältnis zur Einwohnerzahl sind das die meisten in Deutschland.
"Ein Problem", findet Bremens Innensenator Ulrich Mäurer. In der aktuellen ARD-Reportage "Echtes Leben: Unter Druck - Pastorin Anja und das Kirchenasyl" erzählt Anja, warum sie dennoch von ihrer Arbeit überzeugt ist.
Das Kirchenasyl ist ein historisches Privileg der Kirchen - wenn diese sich an die Regeln halten. "Kirchenasyl ist ja Asyl in der Kirche, nicht mit der Kirche. Das heißt, es gibt schon das Agreement, dass jederzeit die Behörden wissen, wo die Asylsuchenden sind", erklärt Anja.
Es dient dazu, Zeit zu überbrücken, denn Asylanträge sind in der Europäischen Union eigentlich klar geregelt: Im Rahmen des Dublin-Verfahrens müssen Asylsuchende ihren Antrag dort stellen, wo sie das erste Mal EU-Boden betreten. Reisen sie weiter, müssen sie innerhalb von sechs Monaten zurückgeschickt werden. Wenn diese Zeit jedoch verstreicht, können sie einen Asylantrag stellen.
Geflüchtete finden in Anjas Gemeinde eine Heimat auf Zeit
So macht es auch Aziz. Der 25-Jährige floh als Jugendlicher aus Afghanistan nach Schweden, arbeitete dort als Krankenpfleger und wohnte mit seiner Freundin zusammen. Dennoch lehnten die Behörden seinen Asylantrag ab. "Ich bin sehr traurig", sagt er über die Entscheidung.
Eine Rückkehr nach Afghanistan kommt für Aziz nicht infrage, denn als Angehöriger einer ethnischen Minderheit fürchtet er die Verfolgung durch die Taliban: "Vielleicht hätten sie mich sogar getötet." Bei Anja findet er für ein halbes Jahr Zuflucht, darf aber die Grenzen der Gemeinde nicht verlassen. Lediglich einkaufen ist erlaubt und das nur, wenn die Pastorin ihn begleitet. "Das ist sehr schwer", gibt er zu.
Auch Arash floh vor den Taliban nach Schweden und kam dann nach Deutschland. Nach seinem Kirchenasyl erhielt er eine Aufenthaltserlaubnis, macht eine Ausbildung und hilft weiter in Anjas Gemeinde. Sein jüngerer Bruder bekommt ebenfalls Unterstützung von den Gläubigen. Sie alle arbeiten zusammen, damit die Geflüchteten Fuß fassen können. "Sie sind fast alle hoch motiviert, wollen eine gute Ausbildung machen", berichtet eine ehemalige Lehrerin, die in Anjas Gemeinde Nachhilfe gibt.