"Das sage ich quasi unter Tränen": Joachim Gauck übt mit zittriger Stimme Kritik an der israelischen Regierung
Autor: teleschau - Natascha Wittmann
, Freitag, 25. Juli 2025
Die Welt befindet sich in vielerlei Hinsicht in turbulenten Zeiten. Bei "Markus Lanz" äußerte sich Joachim Gauck aktuell nicht nur deutlich zur deutschen Kriegstüchtigkeit, sondern er fand auch kritische Worte in Bezug auf die israelischen Militärschläge in Gaza. Worte, die ihm nicht leicht fielen.
Vor seiner alljährlichen Sommerpause lud ZDF-Moderator Markus Lanz den ehemaligen Bundespräsidenten Joachim Gauck zum traditionellen Einzelgespräch ein. Dabei sprach er nicht nur über die Investitionen in die deutsche Bundeswehr, sondern auch über die steigende Popularität autoritärer Regimes. Auf die Frage, warum das Autoritäre plötzlich wieder "so attraktiv" zu sein scheint, antwortete Gauck nüchtern, dass sich "das große Versprechen der Freiheit" für viele Menschen als große Enttäuschung entpuppt habe. Das Ergebnis? "Eine große Unsicherheit".
Gauck erklärte in dem Zusammenhang: "Es ist nicht eine Gegnerschaft schon zur Demokratie, aber eine Fremdheit. (...) Fremdheit ist immer mit Ängsten verbunden." Er ergänzte mit ernster Miene: "Wenn diese Ängste dann von der demokratischen Mitte nicht aufgenommen werden, (...) dann ist das ein weites Feld für die Populisten aller Couleur." Hinzu komme "eine Sehnsucht danach, doch stärker behütet zu sein".
Markus Lanz nahm dies zum Anlass, konkret nachzuhaken: "Sollte die AfD verboten werden?" Der Politiker schüttelte entschieden mit dem Kopf: "Nein! (...) Ich finde, dass wir sie dann ja noch größer machen." Lanz ließ jedoch nicht locker und wollte weiter wissen, ob eine Zusammenarbeit zwischen Union und AfD potenziell denkbar wäre. Auch hier wiegelte Gauck ab, denn: "Eine anständige Union kann mit dieser AfD nicht koalieren. Wir wissen nicht, was in 20 Jahren sein wird. (...) Aber im Moment: Nein!"
In dem Zusammenhang äußerte der Ex-Bundespräsident deutliche Kritik an der vergangenen Regierung und sagte: "Es gibt immer ein Protestwähler-Potenzial, wenn die Regierenden nicht stringent regieren. (...) Gestalten heißt auch Wagnisse eingehen. Aber abwarten, was geschieht, und das als Regieren bezeichnen, das ist hochproblematisch."
Joachim Gauck: "Ich hasse diesen Krieg und ich hasse Kriege"
Ähnlich deutliche äußerte sich Gauck auch zur geplanten Aufrüstung und Milliarden-Investitionen in die Bundeswehr. Laut des Politikers bereite ihm nicht etwa die "militärische Schwäche" Deutschlands große Sorgen, sondern vielmehr die mentale Schwäche. "Es ist nicht ein Krieg, der droht, sondern ein Krieg, der existiert - und der existiert in Europa", warnte Gauck. Er ergänzte, dass es ihn deshalb "nervös" mache, wenn er merke, dass einige Bürger die Kriegsbedrohung nicht ernst nehmen: "Ich will mit Leuten darüber reden. Und das Reden soll bedeuten: Aufwachen! Nicht das Wort Zeitenwende immer mal wieder zitieren, aber die tatsächlich erforderliche Wende im Inneren, (...) die verschieben wir."
Dass "ein Teil der Bevölkerung (...) die Warnungen" als "übertrieben" abtue, bezeichnete Gauck als Verschleierung der "tatsächlichen Bedrohungslage". Dennoch merkte er energisch an: "Ich hasse diesen Krieg und ich hasse Kriege! Ich sehe noch die Angst in den Augen meiner Großeltern als kleines Kind." Gerade deshalb brauche es "ein neues Bewusstsein davon, was diese Freiheit wert ist".
In dem Zusammenhang sprach Lanz die junge Generation an, die sich von der Politik nicht verstanden und übergangen fühle. Joachim Gauck gab daraufhin ehrlich zu: "Deshalb brauchen wir ein neues Bewusstsein davon, dass die Welt nicht besser wird, wenn wir nur die ältere Generation im Blick haben bei unseren politischen Entscheidungen." Zeitgleich machte der Politiker keinen Hehl daraus, dass sich die Verfasstheit der deutschen Bevölkerung grundlegend ändern müsste.