Boris Palmer zitiert im Bürgergeld-Talk plötzlich aus der Bibel: "Wer nicht arbeitet, soll nicht essen"
Autor: teleschau - Doris Neubauer
, Freitag, 26. Sept. 2025
Während Paul Ziemiak (CDU) und Philipp Türmer (SPD) bei "Maybrit Illner" im ZDF über den "Sozialstaat in Not" stritten, schlug der Thüringer Oberbürgermeister Boris Palmer Alarm: Es sei "Zeit für ehrliche Worte an die Bevölkerung".
Das Bürgergeld soll "vom Kopf auf die Füße" gestellt werden, zumindest an dieses Versprechen möchte sich Bundeskanzler Friedrich Merz noch in diesem Jahr halten. Wer nicht arbeiten will, der soll kein Geld bekommen - so wünscht sich das die Union, und erhält mit Lars Klingbeil sowie Bärbel Bas Rückhalt von der SPD-Spitze.
"So wäre biblisch: Wer nicht arbeitet, soll nicht essen, steht in der Bibel", kommentierte das Boris Palmer, parteiloser Oberbürgermeister der Stadt Tübingen bei "Maybrit Illner" am Donnerstagabend. So weit wolle er jedoch nicht gehen. Stattdessen sprach er sich für ein abgestuftes System aus: Arbeitnehmer müssten "schrittweise sehr schnell spüren, wenn eine Arbeitsaufnahme bewusst verweigert" werde. Für Menschen aus der Ukraine etwa, die sofort Bürgergeldanspruch haben, würden Arbeitsanreize zu gering ausfallen.
"Hier müssen wir ran", gestand CDU-Mann Paul Ziemiak einen politischen Fehler ein. In anderen Ländern sei die Quote der arbeitenden Ukrainer viel höher als in Deutschland, wo sich die Arbeitsaufnahme nicht lohne.
"Das stimmt nicht", widersprach Philipp Türmer (SPD) vehement und bezog sich auf seine Erfahrungen als ehrenamtlicher Helfer bei der "Tafel". Ein Problem sei die fehlende Kinderbetreuung. Zudem sei es falsch, das "Märchen zu verbreiten, dass Menschen im Bürgergeld gleich viel Geld verdienen". Ziemiak kannte eine andere Realität: "Wenn ich Vollzeit arbeite und nur unwesentlich mehr als das Bürgergeld bekomme, dann nehme ich den Job nicht an", behauptete er: "Ich finde es unverantwortlich, dass Sie das nicht sehen wollen."
"Über wie viele Menschen reden wir wirklich?"
Da Illner in ihrer Sendung zum Thema "Sozialstaat in Not - teuer, ungerecht, missbraucht?" der "Wahrheit so nah wie möglich kommen wollte", brachte Palmer sofort ein Beispiel: Eine ukrainische Mutter hätte eine Arbeit abgelehnt, weil sie netto über das Bürgergeld mehr erhalten habe. Bei Arbeitsaufnahme hätte sie Miete in der Betriebswohnung und für Kindergartenbetreuung zahlen müssen. "Das sind real existierende Fälle, und ich fände es gut, wenn Herr Türmer mal vorbeikommt und mit Unternehmern spricht", so der Oberbürgermeister, "weil das regt diese Leute auf."
"Und ich lade die Runde gerne ein, bei der Tafelausgabe vorbeizukommen", konterte der Bundesvorsitzende der Jusos. Man finde immer Einzelfälle, aber: "Über wie viele Menschen reden wir wirklich?", wiederholte er eine Frage, die Illner bereits Ziemiak gestellt hatte. "Es geht um Gerechtigkeit, nicht um Zahlen", war der ausgewichen. "Man spricht von 1.7 - 1.8 Millionen Menschen", sprang Eva Quadbeck, Chefredakteurin und Leiterin der Hauptstadtredaktion "RedaktionsNetzwerk Deutschland" (RND) ein. "Sie sind auf 100 gekommen", kannte Türmer andere Zahlen.
"Auch wenn es nur wenige sind, kann man das den Leuten im Land nicht erklären", gab sich Palmer damit nicht zufrieden und forderte: "Die die Regeln machen, sollten dafür sorgen, dass diese Einzelfälle nicht existieren."