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So sah Richy Müller in seiner ersten Rolle aus


Autor: Teleschau  

, Donnerstag, 25. Sept. 2025

Der Kommissar Thorsten Lannert im Stuttgarter "Tatort" ist Richy Müllers wohl bekannteste Rolle. Zum 70. Geburtstag des Schauspielers blicken wir zurück auf die Anfänge seiner Karriere. Besonders im Fokus: Die Rolle, die ihn Ende der 1970er-Jahre zum Star machte.


So kennen ihn die Fernsehzuschauer seit nunmehr 17 Jahren: Im Stuttgarter "Tatort" spielt Richy Müller seit 2008 den Kriminalhauptkommissar Thorsten Lannert, der Opfer eines schweren Schicksalsschlags wurde, als er Frau und Tochter bei einem tragischen Unfall verlor. Der schweigsame, spröde, mit seinem Verlust ringende Ermittler ist die Paraderolle Müllers, der am 26. September seinen 70. Geburtstag feiert, und ein anhaltender Höhepunkt seiner Karriere. Einer Karriere, die vor fast 50 Jahren mit einer Rolle begann, die in keinem größeren Kontrast zu Lannert stehen könnte und doch manches mit dem Ermittler gemeinsam hat.

"Die große Flatter" heißt das Projekt, mit dem Müller seinen großen Durchbruch feierte. Es handelt sich um eine dreiteilige Fernsehproduktion, die seinerzeit für enormes Aufsehen sorgte - womit die Gemeinsamkeiten mit dem Stuttgarter "Tatort" allerdings schon erschöpft wären. Allenfalls der Einschnitt des Sozialdramas und insbesondere der Rolle in Müllers schauspielerischer Laufbahn ist eine weitere Parallele. Der damals 23-Jährige spielte einen Jugendlichen namens Richy. Den Namen setzte er später an die Stelle von Hans-Jürgen, seines bürgerlichen Vornamens. Es war, wenn man so will, eine erzwungene Entscheidung, wurde er seit "Die große Flatter" doch immer nur "Richy" genannt. Den Spitznamen machte er schließlich zum Künstlernamen.

"Richy" wird zu Richy

Mit Kommissar Lannert hat "Richy" sonst wenig gemein. Mit seinem Freund, genannt Schocker (Jochen Schroeder), lebt der junge Mann in einer Armensiedlung im Westen Berlins. Es ist ein trostloses Leben, das die beiden führen, Arbeitslosigkeit, Alkohol und Reibereien im sozialen Umfeld bestimmen ihren Alltag. Und auf der anderen Seite die Träume und Sehnsüchte von einer besseren Zukunft. Eines Tages die "große Flatter" machen, das wird ihnen allerdings nicht gelingen. Zu stark hat das Leben am Rande der Gesellschaft sie geprägt. Sie driften in die Kriminalität ab und mehr noch: Nach einem missglückten Raubüberfall auf ein Juweliergeschäft werden sie verhaftet. Die "große Flatter" endet für die Freunde im Knast.

Das sozialkritische Drama war 1979 ein überwältigender Erfolg. Rund 27 Millionen Zuschauer sahen zu, wie sich Richy und Schocker vergeblich für ein besseres Leben abmühten. Und wie vor allem Hans-Jürgen Müller brillierte. Der Absolvent der Bochumer Schauspielschule ging in seiner Rolle so sehr auf, dass manch einer meinte, er habe wirklich mal auf der Straße gelebt. Nein, das nicht gerade, und anders als Richy war Hans-Jürgen auch frei von krimineller Energie. Einige Berührungspunkte zwischen Fiktion und Wahrheit, Figur und Schauspieler gab es dennoch. Müller, das Mannheimer Arbeiterkind, wuchs nicht in ärmlichsten, aber doch in überschaubaren materiellen Verhältnissen auf. Für den Griff nach den Sternen musste er sich gehörig strecken.

Müllers "große Flatter"

Anders als dem Film-"Richy" ist dem echten Richy die "große Flatter" gelungen. Zwar musste Müller trotz des Riesenerfolgs des TV-Dreiteilers in den 1980er-Jahren so manche künstlerische Durststrecke zurücklegen. Denn er weigerte sich, wie er im August der Rundfunkanstalt SWR4 erzählte, Rollen anzunehmen, die ihm sonst "im Magen gelegen" hätten. Deshalb habe er "Ende der Achtziger fast 200.000 Mark Schulden" gehabt. Doch die Krise hat er längst überwunden - auch dank Rollen, für die er sich nicht zu schämen braucht. Wie die des Neffen eines Konzernchefs im Sci-Fi-Film "Kamikaze 1989". Oder des ehemaligen Terroristen Hans in Christian Petzolds Meisterwerks "Die innere Sicherheit". Aber auch die Rolle, die ihn nun schon seit 17 Jahren begleitet.