"Glich einem Schlachtfeld": Legendäres "Rolling Stones"-Konzert in Deutschland
Autor: Agentur dpa
Deutschland, Dienstag, 09. Sept. 2025
Als Mick Jagger und die Rolling Stones nach Berlin kommen, ahnt niemand, dass ihr Konzert in der Waldbühne legendär wird. Es markiert einen Wendepunkt in der Jugendkultur der 60er Jahre.
Als die Rolling Stones in Berlin landen, eilt ihnen schon ein Ruf voraus. Mick Jagger trägt Sonnenbrille, als er mit seinen Bandkollegen am Flughafen Tegel ankommt. Die britischen Musiker sollen am 15. September 1965 in der Waldbühne spielen - ein Konzert, das in die Geschichte eingehen wird. Denn es kommt zu schweren Ausschreitungen.
Die Fernsehnachrichten sprechen von einem "Bild der Verwüstung". "Die Waldbühne und Umgebung glichen einem Schlachtfeld", heißt es in dem Beitrag, den man heute in der ARD-Mediathek nachschauen kann. Kurz vorher haben die Briten ihr erstes Deutschlandkonzert in Münster gespielt, in Dublin hatten Fans die Bühne gestürmt. Es ist das Jahr, in dem die Stones mit "(I can't get no) Satisfaction" die Charts stürmen und auch die Beatles gehypt werden. Auch im Nachkriegsdeutschland, wo lange der Schlager dominiert, ändert sich etwas.
"Härteste Band der Welt"
Rund 20.000 Fans versammeln sich vor 60 Jahren in der Waldbühne. Einige hätten die Bühne gestürmt und die Stones ihr Konzert schließlich nach nur wenigen Liedern beendet, heißt es im Buch "Berlin. Stadt der Revolte". Der Veranstalter dreht das Licht ab und die Lage gerät außer Kontrolle.
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"Die so idyllisch gelegene Veranstaltungsstätte bot ein Bild der Verwüstung", heißt es später im Fernsehen. "Nach dem Auftritt der Rolling Stones hatten Halbwüchsige systematisch und mit geradezu krankhafter Genugtuung Bänke zertrümmert, Zäune umgerissen, Zaunlatten zerbrochen, Laternen umgestürzt."
Die Straßenreinigung, so heißt es in dem historischen TV-Beitrag, habe allein 25 Kubikmeter Papier beseitigen müssen. "Druckerzeugnisse, auf denen die Vorzüge der härtesten Band der Welt reißerisch gepriesen worden waren." Jugendliche hätten vor und nach dem Konzert den S-Bahnverkehr terrorisiert. 85 seien festgenommen und 87 Personen verletzt worden, darunter 26 Polizisten. Die Schadenssumme, hieß es damals, gehe in die Hunderttausende. Die Waldbühne wird erst Jahre später wieder instand gesetzt.
Beginn der wilden 1960er
Ein Musiker, der damals in einer Vorband spielt, beobachtet die Zerstörung. Man habe sich erstmal kneifen müssen, erzählt Olaf Leitner von Team Beats Berlin in der rbb-Reihe "Berlin - Schicksalsjahre einer Stadt". "Die machen die Waldbühne kaputt?" Der Anblick sei auch faszinierend gewesen. Dann sei Thema geworden, dass sich etwas mit der Jugend ändere. "Man merkte es: Da bricht was an."
Die Ausschreitungen gehören zu den Ereignissen, die aus Sicht mancher einen Umbruch markierten. "Die Schlacht um die Waldbühne war mehr als ein Ausbruch jugendlicher Frustration", schreibt Sven Goldmann in einem Beitrag für die Bundeszentrale für politische Bildung.