Nobelpreisträger Krasznahorkai, ein «Meister der Apokalypse»
Autor: Gregor Mayer, dpa
, Donnerstag, 09. Oktober 2025
Der ungarische Autor László Krasznahorkai erhält den Literaturnobelpreis – für Werke zwischen finsterer Weltdeutung, Sprachkunst und groteskem Humor.
Gesellschaftlicher Verfall, menschliche Niedertracht, wahnhafte Persönlichkeiten sind die Themenfelder, die das literarische Werk des Ungarn László Krasznahorkai durchziehen. Als einen «zeitgenössischen ungarischen Meister der Apokalypse» bezeichnete ihn die amerikanische Schriftstellerin Susan Sontag (1933-2004). Nun erhielt Krasznahorkai (71) den Nobelpreis für Literatur.
Er ist der zweite Ungar nach Imre Kertész (1929-2016), der die höchste literarische Auszeichnung der Welt im Jahr 2002 entgegennahm. Zu den bekanntesten Werken Krasznahorkais gehören «Satanstango» und «Melancholie des Widerstands». In Deutschland erscheinen seine Bücher bei S. Fischer, zuletzt kam dort 2023 ein Erzählband heraus. Sein 2021 erschienener Roman «Herscht 07769» spielt in Thüringen.
Ein Preisträger mit finsterer Sicht und Humor
Die Kritik würdigt an Krasznahorkais Werk die stilistische Brillianz, die feine Ironie, den subtilen Bau seiner Geschichten. Er konstruiert lange Sätze, die sich oft über viele Seiten oder sogar über ein ganzes Buch hinziehen können.
«Wie viele andere osteuropäische Autoren verfügt Krasznahorkai nicht nur über die Erfahrung eines repressiven Systems und weiß aus erster Hand, was das mit Literatur macht», sagte Denis Scheck der Deutschen Presse-Agentur. Er besitze darüber hinaus auch reichlich Humor.
Krasznahorkais Werke zeichneten sich durch eine finstere Sicht auf die Welt, aber auch durch Komik aus, sagte Scheck. Besonders schätze er das Werk «Baron Wenckheims Rückkehr»: «Darin erfahren Sie alles, was Sie über Ungarn und über Viktor Orban wissen müssen», sagte er mit Blick auf den ungarischen Ministerpräsidenten, der seit 2010 mit zunehmend autoritären Methoden in Krasznahorkais Heimat regiert.
Literarische Anspielungen auf Rechtspopulist Viktor Orban?
In seiner Heimat Ungarn wird Krasznahorkais Werk gerne als Allegorie auf gegenwärtige Zustände gelesen, in denen Demagogen ihre Bevölkerungen verführen und Alleinherrschaften errichten.
Dabei will der Autor sein Schreiben gar nicht als Kommentar zur aktuellen Politik aufgefasst wissen. «Ich möchte nie einen politischen Roman schreiben», zitierte ihn 2014 die «New York Times». «Mein Widerstand gegen das kommunistische Regime war nicht politisch, er richtete sich gegen die Gesellschaft», fügte er hinzu.