Japanischer Dirigent Seiji Ozawa gestorben
Autor: Lars Nicolaysen, dpa
, Freitag, 09. Februar 2024
Er strotzte nur so vor Energie: Bis ins hohe Alter begeisterte der geniale japanische Dirigent Seiji Ozawa Fans der klassischen Musik in aller Welt. Jetzt ist der «Hunderttausend-Volt-Dirigent» tot.
Der weltberühmte japanische Dirigent Seiji Ozawa ist tot. Der frühere Musikdirektor der Wiener Staatsoper starb bereits am 6. Februar in seinem Haus in Tokio an Herzversagen, wie sein Management am Freitag japanischen Medien mitteilte. Er wurde 88 Jahre alt.
Der kleine, drahtige Japaner mit den vielen Lachfalten wurde oft als «Energiebündel» oder als «Hunderttausend-Volt-Dirigent» beschrieben. Jahrzehntelang dirigierte der Maestro nur wenige Opern, dann aber mit großem Erfolg.
Als Leiter des Boston Symphony Orchestra von 1973 bis 2002 setzte Ozawa Maßstäbe. Sein breites Repertoire begeisterte ebenso wie die klangliche Brillanz, die der Japaner mit dem Orchester erreichte.
Als Musikdirektor der Wiener Staatsoper widmete er sich dann vor allem seiner lange heimlich gehegten Liebe Oper und stellte seine breite Kennerschaft von Mozart bis Krenek unter Beweis. Zuletzt plagten den Japaner jedoch zunehmend gesundheitliche Probleme.
Der Bariton Paolo Gavanelli lobte den japanischen Pultmeister einmal: «Ozawa ist nicht nur ein Musikgenie, sondern auch menschlich eine einmalige Erscheinung. Mit ihm zu musizieren, bedeutet Glück.»
Kinder sind ein kritisches Publikum
Dieses Glück teilte der Japaner auch besonders gern mit Kindern. Schon in Wien vermochte Ozawa die Kleinen mit seiner musikalischen Energie anzustecken. «Sie hören ganz intensiv zu. Aber wenn es langweilig ist, dann schießen sie mit Gummibändern auf uns», sagte er einmal einer japanischen Tageszeitung. «Daher haben wir uns immer gesagt: Wir müssen unser Bestes geben, sonst kriegen wir Gummibänder ab.»
Geboren 1935 in Hoten in der damals japanisch besetzten Mandschurei, dem heutigen Nordostchina, kam Ozawa schon früh mit verschiedenen Kulturen und Einflüssen in Berührung. Sein Vater, ein Zahnarzt, war Buddhist, seine Mutter Christin. Sie war es, die ihren Sohn mit westlicher Musik vertraut machte. Als die Familie nach dem Krieg nach Tokio zog, erhielt Ozawa seinen ersten Klavierunterricht. Ein Sportunfall, bei dem er sich vier Finger brach, setzte seinem Traum von einer Pianisten-Laufbahn jedoch ein jähes Ende.