Druckartikel: "Durch Hassrede geprägter Shitstorm": Rassismus-Debatte um neues Buch - Monika Gruber legt noch einmal nach

"Durch Hassrede geprägter Shitstorm": Rassismus-Debatte um neues Buch - Monika Gruber legt noch einmal nach


Autor: Agentur dpa

München, Donnerstag, 18. Januar 2024

Eine Frau mit ausländisch klingendem Namen schreibt einen Tweet und findet sich anschließend im neuen Buch von Monika Gruber wieder. In alles anderer als wohlwollender Weise. Während der Verlag zurückrudert, schlägt Gruber einen ganz anderen Weg ein - und legt mit harten Worten jetzt noch einmal nach.


Update vom 18.01.2024: Rassismus-Debatte um neues Buch - Monika Gruber legt nochmals nach

Die Kabarettistin Monika Gruber hat Kritik an ihrem umstrittenen Buch erneut klar zurückgewiesen. "Satire duldet weder Zensur, noch erfordert sie eine Entschuldigung", heißt es in einer Erklärung, die ihr Anwalt Ben M. Irle am Donnerstag im Namen Grubers und ihres Co-Autoren Andreas Hock verbreitete. Gruber zieht in ihrem Buch "Willkommen im falschen Film" über eine mit Klarnamen genannte Nutzerin der Plattform X (vormals Twitter) her, die davor gewarnt hatte, rechtsextreme Frauen unterwanderten "die textile Hobbyszene". Die betroffene Bloggerin sei eine Tugendwächterin, heißt es im Buch. Was eine Frau dieses Namens in der textilen Hobbyszene treibe, sei ein Rätsel. Gruber habe sie "eher beim tantrischen Shakren-Turnen oder einem veganen Urschrei-Seminar verortet". Darauf waren Vorwürfe laut geworden, dass sie die Passage als beleidigend, rassistisch und ehrverletzend empfinde - und viel Zuspruch enthalten.

Grubers Anwalt sprach nun von einem "völlig irrationalen und in weiten Teilen unsachlichen sowie durch Hassrede geprägten Shitstorm, der Satire bewusst missversteht und sich gezielt gegen die grundrechtlich geschützte Kunstfreiheit richtet". Er nannte die Kritik "scheinheilig". "Satire darf überspitzen, ins Lächerliche ziehen und anprangern und damit erst recht öffentlich geäußerten Positionen den Spiegel vorhalten", heißt es in dem Anwaltsschreiben. "Wer das nicht erträgt, sollte den öffentlichen Diskurs schlichtweg meiden."  Genau das habe die "im Buch genannte Bloggerin" aber nicht getan - im Gegenteil. Sie müsse "sich den Vorwurf gefallen lassen, vorwiegend die eigene Reichweite steigern zu wollen".

"Monika Gruber und Andreas Hock distanzieren sich von Diskriminierung, Rassismus und Ausgrenzung und haben sich in ihrem Buch ebenso wenig rassistisch geäußert, wie auch die Rechte von Personen verletzt", betonte ihr Anwalt. Auf Wunsch des Piper-Verlages sei die Neuauflage des Buches, die an diesem Freitag erscheinen sollte, geändert worden. Das Buch habe aber "lediglich geringe Anpassungen erfahren, ohne hierbei jedoch in den satirischen Gehalt des Werkes einzugreifen". Es gebe keine rechtlichen Verpflichtungen für die Anpassungen, heißt es in dem Anwaltsschreiben. Diese seien nur vorgenommen worden, "um die anhaltenden Diskussionen zu beruhigen".

Update vom 04.01.2024: Jetzt äußert sich Monika Gruber erneut zu den Rassismus-Vorwürfen

Die Kabarettistin Monika Gruber hat Rassismusvorwürfe im Zusammenhang mit ihrem neuen Buch zurückgewiesen und die umstrittene Passage in einem Zeitungsinterview als Satire gerechtfertigt. "Ich finde, ich war noch relativ harmlos angesichts der Tatsache, dass diese Dame am liebsten alle, die Stricken ihr Hobby nennen, per se ins rechte Eck drängen möchte, daher habe ich in diesem Fall keinerlei Unrechtsbewusstsein", sagte Gruber der Augsburger Allgemeinen. "Oder wie Bruno Jonas sagen würde: Ja, wo samma denn!"

Gruber zieht in ihrem Buch "Willkommen im falschen Film" über eine mit Klarnamen genannte Nutzerin der Plattform X (vormals Twitter) her, die davor gewarnt hatte: "Rechtsextreme Frauen unterwandern aktuell aktiv auch die textile Hobbyszene (z.B. zum Thema Stricken). Bitte setzt Euch aktiv damit auseinander, wer was anbietet und wer Angebote bietet."

Das sei Schwachsinn und die Bloggerin Roma Maria Mukherjee eine Tugendwächterin, heißt es im Buch. Was eine Frau dieses Namens in der textilen Hobbyszene treibe, sei ein Rätsel, Gruber habe sie "eher beim tantrischen Shakren-Turnen oder einem veganen Urschrei-Seminar verortet".

Mukherjee hatte daraufhin öffentlich gemacht, dass sie die Passage als beleidigend, rassistisch und ehrverletzend empfinde - und viel Zuspruch enthalten. Auch die für sie völlig überraschende Verwendung ihres vollen Namens kritisierte Mukherjee, die nach dem Studium der Bildungswissenschaften mit einem Fokus auf Rechtsextremismus als Praxismanagerin im Gesundheitswesen arbeitet - und im Zuge der Debatte mit Hassnachrichten konfrontiert wurde.

Der herausgebende Piper-Verlag, der ebenso wie Gruber seither in der Kritik steht, schilderte am Mittwoch auf Anfrage, Mukherjee per persönlicher Nachricht "aufrichtig um Entschuldigung gebeten" zu haben. "Wir werden die Vorgänge intern ausgiebig aufarbeiten", kündigte eine Sprecherin an. Weder Verlag noch Autoren hätten die Absicht gehabt, jemanden persönlich zu verletzen.

Die umstrittene Passage solle deshalb angepasst werden. Darüber hinaus werde auf die Nennung des Namens der Betroffenen in zukünftigen Auflagen verzichtet. Das gedruckte Buch sei derzeit zwar schon nicht mehr lieferbar, aber «wir sind am angepassten Nachdruck dran», schilderte die Sprecherin. Voraussichtlich Mitte Januar greife die Passagenänderung dann in allen Ausgabeformen, also auch im Hör- und E-Book.

Piper-Verlag entschuldigt sich - doch Monika Gruber beharrt auf ihrer Meinung

Ob Gruber und Co-Autor Andreas Hock mit diesem Vorgehen einverstanden sind, war zunächst nicht zu erfahren. Die 52-Jährige betonte in der Augsburger Allgemeinen, die Vorwürfe entbehrten "jeder Grundlage". Einer juristischen Auseinandersetzung sehe sie gelassen entgegen. "Wer sich öffentlich zu gesellschaftlichen Themen äußert, muss sich auch gefallen lassen, dass diese Äußerungen dann satirisch behandelt werden." Der Verlag wollte die neuerlichen Äußerungen "der Gruberin", wie sich die Oberbayerin selbst gerne nennt, nicht kommentieren.

Originalmeldung vom 28.12.2023: Debatte um Monika Gruber entfacht - es geht um ihr neues Buch

Wegen einer Passage in ihrem Buch "Willkommen im falschen Film" gibt es Rassismusvorwürfe gegen die Kabarettistin Monika Gruber. Anlass ist ein Abschnitt über die Bloggerin Roma Maria Mukherjee, die im März in einem Beitrag auf X, vormals Twitter, vor der Unterwanderung von Hobby-Kursen für Handarbeiten durch rechtsextreme Frauen gewarnt hatte.

Das sei Schwachsinn und Mukherjee eine Tugendwächterin, heißt es im Buch. Was eine Frau dieses Namens in der textilen Hobbyszene treibe, sei ein Rätsel, man hätte sie "eher beim tantrischen Shakren-Turnen oder einem veganen Urschrei-Seminar verortet". Zuvor hatten mehrere Medien berichtet.

Mukherjee empfindet die Passage als beleidigend, rassistisch und ehrverletzend. Zudem werde ihr voller Klarname genannt. Kritik übt sie auch an der Frage, die im Buch gestellt wird: "Heißt Roma Maria Mukherjee vielleicht im wahren Leben doch bloß 'Maria Müller' und hat sich kurzerhand umbenannt, da beides - sowohl Vor- als auch Nachname - schwer nach 'Bund deutscher Mädel' klingt? Das allerdings wäre dann natürlich eine illegitime kulturelle Aneignung".

Mukherjees Reaktion: "Maria Müller kann stricken, Roma Maria Mukherjee kann nur Tantra, das ist rassistisch", sagte sie der Deutschen Presse-Agentur in München. Zudem werde ihr dadurch ihre Identität abgesprochen. Auch eine sexuelle Komponente schwinge mit. Und es werde nahegelegt, dass jemand wie sie nicht in Themen wie Rechtsextremismus bewandert sein könne. Dabei habe sie sich während ihres Studiums der Bildungswissenschaften intensiv damit beschäftigt.

Mukherjee, die als Praxismanagerin im Gesundheitswesen arbeitet, war am Freitag auf die Passage aufmerksam gemacht worden und tat ihr Entsetzen auf X kund. Im Netz bekommt sie seitdem viel Unterstützung, es gibt aber auch eine Hetzkampagne. Sie bekomme Drohungen, in denen von Vergewaltigung und sogar Mord die Rede sei, sagte sie.

"Very fucking funny": Kabarettistin meldet sich nach Vorwürfen zu Wort

Gruber und ihr Coautor, der Journalist Andreas Hock, äußerten sich auf Anfrage nicht. Der Piper Verlag aus München erklärte, man tausche sich mit ihnen darüber aus, wie die Passage in Büchern, Hörbüchern und E-Books geändert werden könne. Diese Änderung werde voraussichtlich vom 11. Januar an greifen, bei E-Books wohl ein paar Tage eher, teilte der Verlag am Donnerstag mit. Piper stehe in seinen Programmen für Meinungsvielfalt und Toleranz. Man hätte niemanden persönlich verletzen oder ihm zu nahe treten wollen. Man habe einen öffentlichen Beitrag auf X, ehemals Twitter, mit den überspitzenden Mitteln der Satire aufs Korn genommen.

Mukherjee ist von der Reaktion des Verlags enttäuscht. Auf X hatte Piper angekündigt, die Passage für die nächste Auflage anzupassen. "Eine klassische Nonpology", eine Nichtentschuldigung, schrieb sie in einem Post. Der Verlag hatte sich bis Donnerstagnachmittag nicht bei ihr gemeldet. Man stehe bisher nicht in direktem Kontakt mit Mukherjee, hatte Piper erklärt.

Nachdem der Streit schon einige Tage im Netz tobte, meldete sich am Mittwoch Gruber zu Wort. Einen Screenshot ihres Buches versah sie mit den Worten: "No comment, no judgement... just somehow... well: Very fucking funny!" ("Kein Kommentar, kein Urteil... nur irgendwie... nun: verdammt lustig"). Lob für das Buch gab es bereits vor sechs Wochen von Piper-Verlegerin Felicitas Lovenberg: "Heute hoher, fescher und fideler Besuch", schrieb sie auf Instagram zu einem Foto der Autoren. Gruber und Hock hätten einige Exemplare signiert, "und dabei ganz viel von der guten Laune, die ihr Buch ausmacht, mitgebracht".