Wegfahrsperre im Auto: Dobrindt will Alkoholsünder pusten lassen
Autor: Matthias Litzlfelder
Berlin, Dienstag, 13. Sept. 2016
Alkoholauffällige Autofahrer sollen nach dem Willen von Verkehrsminister Dobrindt ihren Wagen nur mit vorherigem Atemtest starten können.
Die Idee ist nicht neu. Schon im vergangenen Jahr hatte Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) Pläne vorgestellt, mit denen er sich verspricht, die Gefahr durch Trunkenbolde am Lenkrad einzudämmen. Wer schon einmal wegen Alkohol am Steuer auffällig geworden ist, soll künftig mit Hilfe einer Atemalkohol-Wegfahrsperre am Starten seines Wagens gehindert werden. Auch Dobrindts Vorgänger Peter Ramsauer hatte den Einbau solcher "Alcolocks" in seiner Amtszeit schon angeregt.
Leute ohne Führerschein
Dass es Dobrindt jetzt durchaus ernst meint, will er heute deutlich machen, wenn er in Berlin mit dem Bundeskabinett den "Unfallverhütungsbericht" seines Ministeriums berät. Der Minister möchte möglichst schnell die Rechtsgrundlagen zur Einführung derartiger Wegfahrsperren schaffen. Dann soll bestimmten Alkoholsündern ein Starten des Motors nur noch möglich sein, wenn eine vorherige Atemmessung grünes Licht gegeben hat.In Dobrindts Blickfeld stehen Autofahrer, die mehrmals unter Alkoholeinfluss ein Fahrzeug bewegt haben oder die mit 1,6 Promille oder mehr am Steuer erwischt wurden - also Personen, die schon einmal wegen Alkohols am Steuer ihren Führerschein verloren haben.
Einbau ab Werk nur bei Volvo
In einigen Europäischen Ländern wie Frankreich, Dänemark oder Schweden gibt es bereits derartige Regelungen. In Schweden etwa kommen die Alkohol-Zündschlosssperren seit einigen Jahren nicht nur bei bereits alkoholauffälligen Fahrern zum Einsatz, sondern auch präventiv in Lkw oder Schulbussen.Der schwedische Autohersteller Volvo ist derzeit der einzige in der Branche, bei dem ein Einbau solch einer Wegfahrsperre ab Werk angeboten wird. Die Sperre besteht dabei aus einer eingebauten Steuereinheit, die mit der Fahrzeugelektronik verbunden ist, und einem Handmessgerät, in das der Autofahrer wie bei einer Polizeikontrolle pusten muss.
In zwei Baureihen als Sonderausstattung
"Das ist eine Zusatzausstattung, die bei uns wie Alufelgen bestellt werden kann", berichtet Volvo-Pressesprecher Michael Schweitzer. Volvo habe das Gerät mit dem Namen Alcoguard 2010 beim Volvo C30 erstmals eingeführt. Laut Schweitzer wurde in Schweden die Technik vor allem in viele Dienstwagen eingebaut. Wie viele solcher Wegfahrsperren in Deutschland bisher bestellt und eingebaut wurden, darüber gibt es bei Volvo keine Auskunft. Im Angebot haben die Schweden die Zusatztechnik aber nach wie vor. "In den 40er und 60er Baureihen von Volvo kann der Alcoguard auch heute noch bestellt werden", sagt Schweitzer. Die 90er Modelle hätten nur noch die Vorkehrung für einen späteren Einbau von Drittanbietern. Allerdings gebe es in Deutschland aktuell keinen solchen Anbieter von Alcolocks.
49 Tote 2015 bei Alkoholunfällen in Bayern
Dem Bundesverkehrsminister geht es in seinem Vorstoß für die Einführung der Atemtests vor allem darum, die Zahl der Verkehrstoten auf Deutschlands Straßen weiter zu reduzieren. Zwar ist bei tödlichen Unfällen immer noch überhöhte Geschwindigkeit die häufigste Ursache. Aber laut Deutschem Verkehrssicherheitsrat war 2014 immer noch jeder 13. Verkehrstote auf einen Alkoholunfall zurückzuführen.In Bayern waren im vergangenen Jahr laut Innenministerium 49 Menschen bei Alkoholunfällen ums Leben gekommen. Für Minister Joachim Herrmann (CSU) "eindeutig zu viele".
Kommentar
Technik kann Vernunft nicht ersetzen
So schön die Idee sein mag, mit technischer Hilfe Alkoholsünder künftig an Trunkenheitsfahrten zu hindern. Die große Wirkung wird ausbleiben. Wer unvernünftig handelt und sich besoffen ans Steuer setzt, findet Mittel und Wege, eine Alkohol-Wegfahrsperre zu umgehen - notfalls lässt er schnell einen anderen für sich pusten.
Darüber hinaus wären diese 1000 bis 2000 Euro teuren Wegfahrsperren ein falsches Signal. Alkoholsünder müssten weniger Angst haben, dass sie ihren Führerschein verlieren. Es bestünde ja dann immer noch die Möglichkeit, sich die Technik einbauen zu lassen und die Fahrerlaubnis zu behalten.
Und dann gibt es noch einen Aspekt, den der Bundesverkehrsminister bisher außer Acht lässt. Es ist nicht so, dass jedem Fahrer in Deutschland ein bestimmtes Auto zugewiesen ist. Wer sagt denn, dass ein Alkoholsünder künftig nicht auch betrunken mit dem Auto eines Bekannten unterwegs sein kann - dann ohne Wegfahrsperre. Umgedreht müssten die Familienangehörigen des Alkoholsünders ebenfalls immer pusten, wenn sie dessen Wagen nutzen. Das stärkt zwar die Lunge, ist aber auf Dauer ziemlich nervig und anstrengend.