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Super-8-Filme: Wenn die Bilder neu erwachen


Autor: Irmtraud Fenn-Nebel

Gundelsheim, Freitag, 07. August 2020

Menschen wie Peter Trebes sorgen dafür, dass analoge Filmschätze in die digitale Zeit hinübergerettet werden. Wir haben dem Oberfranken bei der Arbeit mit Super-8-Filmen über die Schulter geschaut.
Peter Trebes hat sich  in seinem professionell eingerichteten Studio auf die Digitalisierung von Super 8-Filmen spezialisiert. Foto: Matthias Hoch


Da war doch im Keller, hinten im Regal, noch eine Blechdose. Weiß und mit Blumen drauf. Da müssten sie drin sein. Ein paar andere Sachen beiseite gerückt und ja, da ist sie. Mit Nikolausstiefeln, keine Blumen. Ob die Schätze im Dunkeln überlebt haben? Vorsichtig den Deckel aufgemacht und hineingespäht: Wild übereinander getürmt liegen sie drin, 18 kleine Rollen, aus einigen spitzen schmale, dunkle Streifen heraus. Die Super-8-Filme, Ende der 80er Jahre mit viel Engagement und Lust am Ausprobieren gedreht. Seitdem: tote Dose.

Das Equipment wäre ja noch vorhanden. Ein Abspielgerät, eine Lampe zum Ausleuchten, eine größere Rolle zum Abspulen. Aber der Aufwand... Digitalisieren, das wär's, und dann die bewegten Bilder am Fernsehen oder Computer anschauen. Ein bisschen Recherche im Internet, es gibt doch einen Filmclub in Bamberg. Und tatsächlich, auch einen Experten für Super 8. Wer mit ihm einen Termin vereinbart, taucht in eine andere Welt.

Studio im Keller seit 1985

Peter Trebes führt in den Keller seines Hauses und der Besuch bleibt überrascht an der geöffneten Tür eines Raumes stehen. "Das ist mein Studio", sagt der 70-Jährige. Wohin man auch schaut: Überall Technik. Kameras, Monitore, ein Mischpult, Tastaturen, Abspielgeräte, eine Tür zu einem weiteren Raum. "Meine Sprecherkabine", erklärt Trebes.

1985 hat er mit der Einrichtung seines Studios begonnen. "Das ist über die Jahre hinweg gewachsen", erzählt Trebes, "ich habe immer wieder nachgerüstet." Seine Leidenschaft fürs Filmen entdeckte er 1970. "Damals gab es Kameras mit Federwerkaufzug, die Filme hießen Normal 8. Später hat sich die Technik Richtung Super 8 weiterentwickelt, die Kameras waren elektrisch angetrieben."

Im Urlaub gerne gefilmt

Vor allem im Urlaub hat er gerne gefilmt. "Das hat mir so viel Freude gemacht, ich habe ein paar Dutzend Reiseberichte mitgebracht, geschnitten und vertont", sagt Trebes. In diese Kategorie fällt auch sein Lieblingsfilm: "Usbekistan. 2005 sind wir in einer Kleingruppe über die alte Seidenstraße gefahren. Das ist unvergesslich. Meine Frau und ich schauen den Film immer wieder an."

Trebes hat sein Hobby nicht nur laufend weiter entwickelt, er konnte seine Kenntnisse sogar beruflich einsetzen. Der gelernte Maschinenbaumeister arbeitete in der Erwachsenenbildung und spezialisierte sich auf Medientechnik. Er entwickelte eine Weiterbildungsform für den staatlich anerkannten Abschluss zum Mediendesigner. "Daraus entstand die Nähe zur Videoproduktion, eine Technik, die in den 80er Jahren die alten Schmalfilme ablöste."

Vorträge für Filmfans

In jener Zeit gründete Trebes den Filmclub Bayreuth mit und wurde später Mitglied im Bamberger Club, nachdem er in den Landkreis gezogen war. "Unser Vorsitzender Reinhold Pflaum hatte mich mit seiner Fachkompetenz schnell überzeugt", weiß Trebes noch heute. "Jetzt bin ich im Club für die Technik zuständig und für alles, was mit filmischem Geschehen zu tun hat." In öffentlichen Vorträgen lernen Interessenten bei ihm, wie sie gute Videos drehen und nachbearbeiten.

Stolz auf jüngere Kollegen: Sie räumen Preise ab

Wie andere Vereine habe auch der vor 51 Jahren gegründete Filmclub das Problem, dass die Mitglieder immer älter werden und wenig Jüngere nachkommen. Aber auf Letztere ist Trebes besonders stolz. "Wir haben da Kollegen, die auch beruflich Videos produzieren. Sie haben bundesweit schon viele Preise abgeräumt." Die Themen reichen von Hobby- und Reiseberichten bis hin zu experimentellen Produktionen und Spielfilmen. Manche davon kann man auf der Internetseite des Clubs abrufen, zum Beispiel die wöchentlich gedrehten Clips über die Landesgartenschau Bamberg.

In Coronazeiten kamen mehr Interessenten

Daneben ist der Club aber auch offen für all jene, die alte Filmschätze haben und diese digitalisiert haben möchten. "In Coronazeiten sind ein paar mehr Interessenten als sonst auf mich zugekommen, die sich auf ihre Super-8-Rollen besonnen haben", erzählt Trebes. Im Studio reinigt er die Streifen zunächst und erneuert kaputte Klebestellen. "Dann werden sie direkt von der Filmbühne verlustfrei abgefilmt", erklärt Trebes. So komme es im Gegensatz zum Abfilmen von einer Leinwand nicht zu Streuverlusten und Ausleuchtungsproblemen.

Mit Profi-Equipment am Werk

Eingesetzt werden ein Filmprojektor und eine elektronische Video-Drei-Chip-Kamera. "Das Equipment kann man kaufen oder eigene Produkte umrüsten." Anschließend bringt Trebes mit einem professionellen Schnittsystem die alten Filme in ein Dateiformat, am liebsten auf einen USB-Stick. Als MP 4-Datei können sie auf jedem modernen Fernseher abgespielt werden. Auch auf DVD oder Blueray könnten sie gespeichert werden, aber das macht Trebes ungern. "Das ist eine veraltete Technik. Mit dieser Überspielung wird die mühsam restaurierte Qualität fast wieder zunichte gemacht."

Apropos Qualität: Viele Super 8-Filme haben nach Trebes' Erfahrung in Bild- und Farbqualität gelitten. Im Studio könne er "in Grenzen" am Schnittsystem ein Colorgrading machen: Farbstiche werden ausgemerzt und das Ganze ein bisschen bunter als im Original. Auch einen Kommentar kann Trebes, wenn gewünscht, in seiner Kabine einsprechen und die Filme mit Musik unterlegen. "Das verleiht den Originalen einen neuen Touch", schwärmt er.

Ein Hobby, das geistig fit hält

Die technischen Kenntnisse hat er sich im Laufe der Jahrzehnte draufgeschafft, längst hilft auch das Internet bei der Recherche und Weiterbildung. "Ich bin immer am Ball geblieben", sagt er. "Das hält mich geistig fit und ist für mich wie Gehirnjogging." Deshalb sitzt er auch in Ruhestand täglich am Computer und bearbeitet Videoclips seiner Familie, Aufzeichnungen von Veranstaltungen des Filmclubs sowie Hochzeitsfilme, die er gemeinsam mit seiner Tochter - einer Fotografin - macht. "Dieses Hobby ist mehr als mein halbes Leben lang ein elementarer Teil meiner Freizeit", sagt Trebes und lächelt. Seine Frau hat Verständnis, wenn ihr Mann immer wieder im Kellerstudio verschwindet. "Sie schwelgt gern in der Vergangenheit, wir schauen oft gemeinsam alte Filme an."

Ab in den Fernseher

Das kann auch die Autorin tun, die nach dem zweiten Besuch und einer kleinen Test-Vorführung der zwischenzeitlich digitalisierten Filme beschwingt das Studio von Peter Trebes verlässt. In der Tasche liegt ein USB-Stick neben den guten, alten Super-8-Rollen. Letztere kommen zurück in die Nikolausdose, der Datenträger in den Fernseher. Film ab!