Suchtkranke Eltern, vergessene Kinder? Bei unserer Telefonaktion erklärten zwei Expertinnen, wo betroffene Familien Hilfe finden
Autor: Irmtraud Fenn-Nebel
Bamberg, Donnerstag, 13. Februar 2020
Kinder von alkohol- oder drogenabhängigen Eltern haben es besonders schwer. Ihnen schenkte eine Telefonaktion dieser Zeitung Aufmerksamkeit. Denn: Es gibt Hilfe für Betroffene. Aber nur, wenn darüber gesprochen wird.
Obwohl in Deutschland etwa drei Millionen Kinder und Jugendliche in einer Familie mit mindestens einem suchtkranken Elternteil leben, ist die Problematik ein Tabu. Dabei könnte sowohl den Erwachsenen als auch den Kindern geholfen werden, wenn - ja, wenn darüber gesprochen würde. Dabei soll die "Aktionswoche für Kinder aus Suchtfamilien" helfen, an der sich diese Zeitung mit einer Telefonaktion beteiligte.
Dazu hatten wir zwei Expertinnen in unsere Redaktion eingeladen: Prof. Dr. Eva Robel-Tillig, Chefärztin der Kinderklinik am Klinikum Bamberg, und Stephanie Roth, Diplompsychologin und Leiterin der Beratungsstelle für Kinder, Jugendliche und Eltern bei der Caritas Bamberg-Forchheim. Ihnen ist es wichtig, die Nöte der suchtbelasteten Familien in die Öffentlichkeit zu bringen. Dazu ist jetzt ein guter Zeitpunkt: Die Aktionswoche findet alljährlich im Februar unter dem Motto "Vergessenen Kindern eine Chance geben" statt. Die Idee dazu stammt aus den USA. Deutschland, Großbritannien, die Schweiz und Schweden schlossen sich an.
Die "Children of Alcoholics/Children of Addicts", kurz "COA", sind in Deutschland nicht etwa eine Randgruppe. "Alkohol und Drogen kommen in allen Bevölkerungsschichten und häufiger vor, als man glaubt", sagen Robel-Tillig und Roth. Etwa jedes sechste Kind wächst in einer Familie auf, in der Alkohol- oder Drogenabhängigkeit herrschen. Ihr Risiko, selbst eine Sucht oder eine psychische oder soziale Störung zu entwickeln, ist hoch. "Aber mit rechtzeitiger Unterstützung können sie sich zu gesunden Erwachsenen entwickeln."
Deshalb wollen sie den Familien einen Weg aufzeigen. "Sucht ist eine Erkrankung. Man kann sie bekämpfen. Aber diesen Weg kann und muss man auch nicht alleine gehen." Für Robel-Tillig und Roth ist klar: "Die Betroffenen brauchen Hilfe und müssen gesund werden." Geholfen werden kann aber nur, wenn die Probleme auf dem Tisch liegen. Und dazu gehört es eben, dass darüber gesprochen wird - so wie bei unserer Telefonaktion. Im Folgenden fassen wir wichtige Fragen und Antworten zusammen.
Mein Sohn ist Alkoholiker und seine Frau trinkt ebenfalls. Die beiden haben zwei kleine Kinder, die ich immer wieder betreue. Wie kann ich dabei helfen, den Sucht-Kreislauf zu durchbrechen?
Wenn Sie einen guten Draht zu den Eltern haben, wäre es wichtig, das Problem in einer guten Form anzusprechen. Sagen Sie, dass Unterstützung von außen nötig ist. Beschreiben Sie, was Ihre Sorgen für die Kinder sind. Dass Sie die Kinder betreuen ist zwar gut, aber es hält auch ein ungesundes System am Laufen.An wen kann man sich als Angehöriger wenden, wenn man suchtkranke Familienmitglieder ansprechen möchte?
In Suchtberatungs- oder Familienberatungsstellen können Sie sich Tipps für das Gespräch holen, auch niedergelassene Kinderärzte können eine Sozialberatung machen. Überlegen Sie sich im Vorfeld, was Sie ansprechen wollen - und ob Sie sich das überhaupt trauen. Es hat wenig Sinn, nur einmal laut zu poltern. Man muss ein solches Gespräch und die Konsequenzen durchhalten.Wo gibt es Beratungsstellen?