Smartphone-Verbot in der Schule? Argumente dafür - und dagegen

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Schon heute gehören Mobiltelefone in vielen Schulen zum Alltag. Dort gelten allerdings häufig Einschränkungen. Ist ein Smartphone-Verbot sinnvoll? Foto: epd
Schon heute gehören Mobiltelefone in vielen Schulen zum Alltag. Dort gelten allerdings häufig Einschränkungen. Ist ein Smartphone-Verbot sinnvoll? Foto: epd

In Schulen soll bis 2021 jeder eine digitale Lernumgebung nutzen können. Schon jetzt gehören Smartphones in vielen Schulen zum Alltag. Ist das sinnvoll?

Die Kultusministerkonferenz hat am Donnerstag in Berlin ihre Strategie "Bildung in der digitalen Welt" vorgelegt. Weil die Digitalisierung auch außerhalb der Schule alle Lebensbereiche umfasse, sollte das Lernen mit und über digitale Medien und Werkzeuge bereits in den Schulen der Primarstufe beginnen, heißt es in der Strategie. Ziel der Kultusministerkonferenz sei es, "dass möglichst bis 2021 jede Schülerin und jeder Schüler jederzeit, wenn es aus pädagogischer Sicht im Unterrichtsverlauf sinnvoll ist, eine digitale Lernumgebung und einen Zugang zum Internet nutzen können sollte."

Schon heute gehören Mobiltelefone in vielen Schulen zum Alltag. Der kürzliche veröffentlichten JIM-Studie zur Mediennutzung von Zwölf- bis 19-Jährigen zufolge dürfen 94 Prozent ihre Smartphones mit in die Schule nehmen. Dort gelten allerdings häufig Einschränkungen. 22 Prozent dürfen ihre Handys gezielt im Unterricht einsetzen. Ein Drittel darf das Mobiltelefon nur in den Pausen nutzen, 40 Prozent dürfen es in der Schule prinzipiell nicht benutzen. Ist ein Smartphone-Verbot sinnvoll?

Die Medienpädagogen Paula Bleckmann und Stefan Aufenanger vertreten unterschiedliche Ansichten.

Entscheidung
Paula Bleckmann plädiert dafür, dass Kinder über die Zeiten und Inhalte zur Verwendung von Digitalgeräten nicht selbst bestimmen. "Darüber sollten die Erwachsenen entscheiden", sagt die Professorin für Medienpädagogik an der Alanus Hochschule für Kunst und Gesellschaft in Alfter. Es spreche nichts dagegen, dass Kinder ein Mobiltelefon mit in die Schule bringen, erläutert Bleckmann. "Dort sollte der Lehrer die Geräte einsammeln und entscheiden, wann und wie sie am Schultag benutzt werden dürfen. Außerhalb dieser Zeiten sollten sie verboten sein."

Stefan Aufenanger sieht das anders. "Ein Verbot ist nicht sinnvoll. Und wenn die Schulleitung das einfach festlegt, vergibt sie eine große Chance", sagt der Professor für Erziehungswissenschaft und Medienpädagogik an der Universität Mainz. "Die Schulleitung sollte mit den Schülern und Lehrern über eine Regelung sprechen. Dann können die Schüler auch lernen, wie man etwas regelt."

Alter
"Die Verfügbarkeit der Medien sollte mit der psychosozialen Reife der Kinder wachsen. Sie müssen medienmündig werden", sagt Bleckmann. "Kinder in der Grundschule sind nicht reif genug, um für ihre Smartphonenutzung selbst die Verantwortung zu übernehmen, weil sie die langfristigen Folgen nicht überblicken können." Nutzten Kinder bereits sehr jung solche Geräte, sei das gefährlich: "Je früher die Kinder elektronische Geräte bedienen, desto höher ist statistisch gesehen das Risiko für eine Mediensucht", erläutert Bleckmann. "Wer das Gerät bedienen kann, aber nicht reif genug ist, kann außerdem auch das finden, was Kinder nicht sehen sollen, zum Beispiel Gewaltdarstellungen oder Pornos."

Das Thema Smartphone könne gar nicht früh genug auf dem Plan stehen, widerspricht Aufenanger. "Ich bin dafür, schon in der ersten Klasse darüber zu sprechen." Für die Nutzung von Mobiltelefonen gebe es keine Altersgrenze, fügt Aufenanger hinzu. "Ab dem Alter von zwei Jahren sehe ich kein Problem für Kinder bei einem pädagogisch geleiteten und zeitlich begrenzten Umgang mit digitalen Medien. Je früher man in der Schule anfängt, desto eher werden die Geräte ein Werkzeug wie ein Heft oder ein Stift."

Unterricht
Smartphones könnten im Unterricht konstruktiv zum Einsatz kommen, argumentiert Aufenanger. "Die Schüler können damit Informationen recherchieren und vieles mehr. Es gibt in fast jedem Fach die Möglichkeit, die Geräte sinnvoll zu nutzen." Die Lehrer könnten sich vielfältige Aufgabenstellungen ausdenken. "Und für die Schüler hat es nur Vorteile, wenn sie lernen, Fragestellungen mit den Geräten zu bearbeiten."

Bleckmann ist nicht grundsätzlich gegen einen Einsatz von Smartphones im Unterricht an weiterführenden Schulen - aber nur für ganz bestimmte Aufgaben. Außerhalb dieser Zeiten helfe ein Verbot, Bildungsnachteile auszugleichen. Eine empirische Studie aus Großbritannien habe gezeigt, dass die Schüler einer Schule mit einem Verbot deutlich bessere Noten hatten als die einer Schule, in der Smartphones erlaubt waren. "Für gute Schüler macht das Smartphone praktisch keinen Unterschied", erläutert Bleckmann. "Aber für die schlechten. Wer ohnehin Mühe hat, dem Unterricht zu folgen, lässt sich eher durch sein Smartphone ablenken - und kommt dann erst recht nicht mehr mit." Zudem sei ein Verbot auch für die Lehrer hilfreich, weil sie nicht mit "digitalen Konkurrenten" unterrichten müssen. "Sonst muss der Lehrer zum Entertainer werden, um sich gegen das Unterhaltungsangebot des Mobiltelefons durchzusetzen."

Lebenswelt
Smartphones gehörten zur Lebenswelt vieler Schüler, sagt Aufenanger. Studien zeigten, dass ohnehin sehr viele über die Geräte verfügen. "Aber viele haben nicht das Wissen, um diese zu nutzen." Die Schule sei auch eine Chance, Medienkompetenz zu vermitteln. "Gerade wenn die Schüler ihre eigenen Geräte benutzen, kann der Lehrer ihnen zeigen, wie sie diese richtig einsetzen können." Ein Smartphone sei auch kein Statussymbol für die Kinder: "Das hat sich mit der massenhaften Verbreitung längst nivelliert."

Es sei kein stichhaltiges Argument, dass Smartphones zur Lebenswelt der Schüler gehören, widerspricht Bleckmann. "Pommes und Cola gehören auch zur Lebenswelt. Aber dennoch ist unumstritten, dass sich Kinder in der Schulmensa gesund ernähren sollten."