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Pro: Zerschlagt die Konzerne


Autor: Christoph Hägele

Bamberg, Mittwoch, 27. August 2014

In der schönen neuen Welt des "Circle" teil jeder ständig alles. Die Kommunikation und Transparenz ist tollwütig geworden und überwacht uns längst vollständig. Man muss über die Zerschlagung der großen wie Google und Facebook nachdenken.
Dieses Auto fährt selbstständig und erkennt auch Hindernisse. Foto: Google/dpa


Die schöne neue Welt, in der Dave Eggers Roman "Der Circle" spielt, ist die Hölle, die sich als Himmel tarnt. Es ist eine Welt der tollwütig gewordenen Kommunikation und Transparenz. Jeder entäußert sich fortlaufend selbst. Er teilt sein Leben, seine Einstellungen, Vorlieben und Meinungen, nicht zu vergessen sein Kaufverhalten. Jeder in Eggers Roman ist sogleich Bewachter und Bewacher, wie auch wir im Spätsommer 2014 Tag für Tag Bewacher und Bewachte zugleich sind. Jeden einzelnen Tag legen wir auf Facebook oder Twitter aus völlig freien Stücken Rechenschaft über unser Tun und Denken ab. Wir beichten und gestehen. Was wir uns davon erhoffen, ist Aufmerksamkeit. "Wer nichts zu verbergen hat, hat auch nichts zu befürchten" - so geht der Abwehrzauber gegen die Angst, dass sich der digitale Exhibitionismus doch noch gegen uns wenden könnte.



Wer legt fest, was unmoralisch ist?

Unlängst hat Google einen mutmaßlichen Pädophilen überführt, nachdem der Konzern in dessen Mails kinderpornografische Bilder entdeckt hatte. Jeder überführte Pädophile ist eine gute Nachricht. Aber es bedeutet eben auch, dass Google die Mails seiner Kunden durchleuchtet. Und wer bestimmt eigentlich, was genau ein unmoralisches Verhalten ist? Noch die Gesellschaft oder schon die Sondermoral oder Geschäftsinteressen eines Konzerns? Was hindert Google, seine Suchmaschine missliebige Inhalte nicht mehr anzeigen zu lassen? Bei einem Marktanteil von 95 Prozent würde Google dann die Wirklichkeit nicht mehr nur abbilden, sondern erst erschaffen.

Sie wissen, was wir wollen

Wenn die Konzerne sämtliche Datenpartikel über uns zusammenzuführen, sind wir für so durchschaubar wie Glas. Amazon will schon bald Waren verschicken, bevor sie überhaupt bestellt sind. Das klingt absurder als es ist. Denn Amazon oder Google wissen, was wir wollen und tun, bevor wir dies selber wissen. Unsere Spuren im Netz verraten es ihnen. Noch überwiegen die Vorteile des Internets: Information! Kommunikation! Teilhabe! Damit dies so bleibt, müssen wir unsere Spuren im Netz besser verwischen. Diese Einsicht ist inzwischen banal. Mindestens ebenso wichtig ist es deshalb, ernsthaft über die Zerschlagung der großen Player wie Google oder Facebook nachzudenken. Sie sind auf dem Weg zu Monopolisten und haben vielleicht schon heute zu viel Macht. Über das Internet. Und damit über uns.