Wie Wissenschaftler den Küstenschutz voranbringen wollen
Autor: dpa
, Donnerstag, 11. Sept. 2025
Der Meeresspiegel steigt, das macht den Küstenschutz aufwendig und teuer. Zwar sei der Anstieg unvermeidlich, sagt ein Forscher. Aber es geht jetzt vor allem um eines: Zeit gewinnen.
Der Meeresspiegel steigt, der Klimawandel bedroht die Küstenregionen: Wissenschaftler wollen stärker auf die Gefahren für die Küsten aufmerksam machen.
Das Wissen sei vorhanden, es hapere aber an der Umsetzung der Strategien, sagte Prof. Torsten Schlurmann vom Ludwig-Franzius-Institut der Leibniz Universität Hannover, Vize des Konsortiums Deutsche Meeresforschung, der Deutschen Presse-Agentur. Vertreter aus Wissenschaft, Wirtschaft, Gesellschaft und Politik sollten sich daher auf dem ersten Forum Küstenforschung in Hannover (11. und 12. September) austauschen.
Anstieg des Meeresspiegels ist nicht aufzuhalten
Derzeit steige der Meeresspiegel um vier bis fünf Millimeter pro Jahr, dies beschleunige sich aber, betonte Schlurmann. Bis zum Ende des Jahrhunderts sei ein Anstieg um 1,00 Meter bis 1,10 Meter zu erwarten, im 22. Jahrhundert möglicherweise um 2,00 Meter. Fest stehe: «Der Anstieg ist überhaupt nicht aufzuhalten. Wir können also nur Zeit gewinnen.» Er betonte aber: «Wir haben es selbst in der Hand, uns anzupassen.»
Zwar sei der Schutz der Küsten in Deutschland «sehr gut aufgestellt», sagte er. Aber: Ein Defizit bedeute der Blick in die Vergangenheit - man habe im 20. Jahrhundert einen Meeresspiegelanstieg um 20 Zentimeter pro Jahrhundert festgestellt. Nur verändere sich das rapide, die Veränderungen ließen sich daher nicht aus der Vergangenheit herleiten.
Expertise in Norddeutschland «herausragend»
Zwar ließen sich Deiche erhöhen, aber «nicht ad infinitum», nicht unbegrenzt: Es gebe technische Limitationen, möglich seien vielleicht Erhöhungen um 1,00 bis 1,50 Meter - aber das erfordere Milliardeninvestitionen. Gleichzeitig veränderten sich Gezeiten und Materialfluss, das führe zur Verlandung von Häfen und Flüssen und zu mehr Aufwand beim Ausbaggern.
Nach Schlurmanns Einschätzung sind die Expertise und Forschungsinfrastrukturen in den fünf norddeutschen Ländern «herausragend». Er betonte: «Dies qualifiziert Norddeutschland zu interdisziplinär aufgestellten Forschungsaktivitäten, um beispielsweise die Vorhersagefähigkeit mariner Extremereignisse und Naturgefahren zu verbessern und die Widerstandsfähigkeit der Gesellschaft an den Küsten zu stärken.»
Meeresspiegelanstieg bei Bau neuer Häfen berücksichtigen
Früheren Angaben zufolge will das Land Niedersachsen in diesem Jahr rund 81 Millionen Euro in den Küstenschutz investieren. Damit sollen Deiche erhöht, Sperrwerke ertüchtigt und Dünen auf den Inseln gesichert werden.