Renaissance alter Männlichkeit? Was die Forschung dazu sagt
Autor: Marco Rauch, dpa
, Dienstag, 18. November 2025
Wie hat ein Mann zu sein? Besonders in der rechten Internet-Bubble gibt es dazu zurückkehrende Narrative - mit negativen Folgen für beide Geschlechter. Wie blickt die Wissenschaft auf das Thema?
Wann ist ein Mann ein Mann? Die Frage stellt nicht nur Herbert Grönemeyer in seinem Hit «Männer», sondern sie wird schon seit langem immer wieder neu diskutiert. Auch am internationalen Weltmännertag am 19. November könnte es wieder ein Thema sein, was in der heutigen Zeit Männlichkeit bedeutet.
Der Sachbuchautor und Männerberater Boris von Heesen sieht drei besonders hartnäckige Erzählungen zum Thema Männlichkeit, die bis heute prägend wirken: Männer müssten ihre Probleme allein lösen, körperlich unzerstörbar sein und den Wert ihrer Männlichkeit über Lohnarbeit und Familienversorgung definieren.
Männlichkeit als soziales Konstrukt
«Ich bin davon überzeugt, dass alle drei sozial konstruiert sind», sagt von Heesen. Schon bei kleinen Jungen würden emotionale Zurückhaltung und Leistungsorientierung gefördert, während Empathie und Fürsorge eher an Mädchen adressiert würden. So entstehe eine Aufgabenteilung, die Männer und Frauen bis heute voneinander trenne – mit klaren Nachteilen für beide Seiten.
Sobald Kinder im Haushalt leben, arbeiten nur 34 Prozent der Frauen in Vollzeit - bei den Männern hingegen sind es 94 Prozent. «Damit werden Männer effektiv von ihren Kindern getrennt und Frauen von der Gestaltung ihrer beruflichen Karrieren», so von Heesen. Die Folge seien Belastungen psychischer und körperlicher Natur.
Männlichkeit ist historisch variabel
Solche Sichtweisen decken sich mit zentralen Ansätzen der internationalen Männlichkeitsforschung. Wie der Geschlechterforscher Stefan Horlacher von der Technischen Universität Dresden beschreibt, gilt Männlichkeit heute nicht mehr als biologisch festgelegte Eigenschaft, sondern als ein kulturell geformtes Geflecht aus Erwartungen, Handlungen und sozialen Rollen.
Männlichkeit, schreibt Horlacher, sei «ein historisch variables Bündel kultureller Normen», das immer wieder neu hervorgebracht werde – durch wiederholte Handlungen, Gesten und Selbstbilder.
Die Soziologin Raewyn Connell prägte einst den Begriff der «hegemonialen Männlichkeit»: jene dominante, gesellschaftlich anerkannte Form von Männlichkeit, die Machtstrukturen zwischen den Geschlechtern aufrechterhält – und zugleich andere, alternative Formen von Männlichkeit unterordnet.