Machen Maschinen die Wetterdienste bald überflüssig?
Autor: Sandra Trauner, dpa
, Donnerstag, 04. Januar 2024
Private Angebote wie «Graphcast» von Google wollen Behörden wie dem Deutschen Wetterdienst Konkurrenz machen. Angesichts der riesigen Datenmengen erscheint es logisch, dass KI Vorteile hat.
Schneller, genauer, günstiger - so bewirbt Google sein Produkt «Graphcast». Dahinter steckt eine Künstliche Intelligenz (KI). Das KI-Modell sei in der Lage, «mittelfristige Wettervorhersagen mit beispielloser Genauigkeit zu erstellen», schwärmt Remi Lam vom «Graphcast»-Forschungsteam.
«GraphCast» sei nicht nur schneller, es könne auch früher vor extremen Wetterereignissen warnen, so Remi Lam. «Es kann die Spuren von Wirbelstürmen in der Zukunft mit großer Genauigkeit vorhersagen, atmosphärische Flüsse identifizieren, die mit Überschwemmungsrisiko verbunden sind, und den Beginn extremer Temperaturen vorhersagen. Diese Fähigkeit hat das Potenzial, durch eine bessere Vorbereitung Leben zu retten.»
DWD bleibt gelassen
Im November präsentierten die Google-Forscher im Wissenschaftsmagazin «Science» einen Vergleich: Ihre KI prognostizierte dem Artikel zufolge Hunderte von Wettervariablen über einen Zeitraum von zehn Tagen weltweit in weniger als einer Minute. Bei 90 Prozent der Metriken - wie etwa Temperatur, Windgeschwindigkeit oder Luftfeuchtigkeit - schlug sich «Graphcast» besser als die Vorhersagen des Europäischen Zentrums für mittelfristige Wettervorhersage (EZMW).
Der Deutsche Wetterdienst (DWD) sieht solche Ankündigungen kritisch - und bleibt gelassen. Ja, KI habe «ein unglaublich großes Potenzial», sagt der Meteorologe Andreas Walter, Experte für Klimamodelle beim DWD. KI sei vielleicht schneller, aber keinesfalls besser. Die größten Defizite sieht er, wenn es darum geht, Extreme vorherzusagen, die bisher noch nicht aufgetreten sind.
Das liegt daran, wie die Maschine arbeitet. «Herkömmliche numerische Wettervorhersagen nutzen erhöhte Rechenressourcen, um die Vorhersagegenauigkeit zu verbessern», erklären die Entwickler von «Graphcast» in «Science». «Sie nutzten jedoch nicht historische Wetterdaten, um das zugrundeliegende Modell zu verbessern.
Genau diese «Reanalyse-Daten», mit denen die KI trainiert wird, sind aus Sicht von Andreas Walter das Problem: «Die KI leitet ihre Lern-Algorithmen aus der Vergangenheit ab. Unsere Modelle lösen die physikalischen Grundgleichungen.»
Wettlauf um die beste Wettervorhersage
Nach Erfassung des Anfangszustandes der Atmosphäre, bei dem sämtliche Beobachtungsdaten in das Wettermodell einfließen, werden die Gleichungen laut DWD in die Zukunft projiziert, um den zukünftigen Wetterzustand zu ermitteln. Dieses numerische Verfahren kommt zum Beispiel auch zum Einsatz, um Niederschlagsprognosen in der aktuellen Hochwasserlage zu erstellen. «Das ist natürlich ein ganz anderer Aufwand. Aber dafür ist es auch gesicherter als ein KI-Verfahren, das nur auf Ähnlichkeiten beruht», sagt Walter.