Filter und Feminismus: Was soziale Medien mit Mädchen machen
Autor: Tatjana Bojic, dpa
, Freitag, 10. Oktober 2025
TikTok-Trends, Insta-Filter, Fake News: Für Mädchen sind soziale Medien Sprachrohr und gleichzeitig Minenfeld. Sie finden Gemeinschaft und Gehör, erleben aber auch Druck und Schönheitswahn.
Welche Rolle spielen soziale Medien im Leben von Mädchen: Sind sie eher belastender Käfig oder stützendes Sprachrohr? Instagram-Filter, Tiktok-Trends und Influencerinnen erzeugen enormen Druck, schön, schlank, perfekt zu wirken. Zugleich entstehen bei den Plattformen Räume, in denen Mädchen ihre Stimme erheben, Gleichgesinnte finden und Missstände sichtbar machen. Fragen zum Weltmädchentag am 11. Oktober:
Gibt es Gleichberechtigung im Netz?
Für den Weltmädchenbericht 2021 hat die Kinderrechtsorganisation Plan International 26.000 Mädchen und junge Frauen in 26 Ländern der Welt zu ihren Erfahrungen mit Falschnachrichten im Internet befragt. Das Ergebnis: Fake News -Falschnachrichten, die vornehmlich in sozialen Netzwerken verbreitet werden - hindern Mädchen daran, sich politisch und gesellschaftlich zu engagieren.
«Sie sind ein maßgeblicher Grund dafür, dass sie ihre Meinungen nicht mehr in Social Media teilen wollen. Wenn Mädchen sich aus Angst vor Falschinformationen, Hass oder Anfeindungen aus dem digitalen Raum zurückziehen, hat das direkte Auswirkungen auf die Gleichberechtigung», erklärt Pia Arndt von Plan International Deutschland.
Es gebe keine Gleichberechtigung im Netz, sagt Rüdiger Maas, Psychologe, Generationenforscher und Leiter des Instituts für Generationenforschung. «Das Netz potenziert nur alles, was wir in der analogen Welt haben.» So verbreiteten sich Hassnachrichten im Netz schneller als in der realen Welt. Etwa 70 Prozent der Mädchen und Frauen im Netz hätten dort Gewalt erfahren, im weitesten Sinne auch durch sogenanntes Bodyshaming.
Wer sich nicht traut, wird unsichtbar?
Wer sich nicht traue, seine Meinung zu äußern oder sich politisch zu engagieren, werde aus wichtigen gesellschaftlichen Diskursen ausgeschlossen, gibt Arndt zu bedenken. «Mädchen und junge Frauen verlieren dadurch nicht nur Sichtbarkeit, sondern auch Einfluss – etwa bei Themen, die sie unmittelbar betreffen: Bildung, Gleichstellung, reproduktive Rechte, Klimaschutz oder digitale Gewalt.»
Das digitale Schweigen resultiere in Ungleichgewicht: Während sich viele Jungen und Männer lautstark äußerten - und dafür oft weniger sanktioniert würden -, fehlten weibliche Perspektiven. «Wenn Mädchen verstummen, leidet die Demokratie. Und Gleichberechtigung rückt in noch weitere Ferne», erklärt Arndt.
Verstärken soziale Medien den Druck auf Mädchen oder geben sie ihnen eine Stimme?
Plan International zufolge sind Social Media Spiegel und Vergleichsplattform, junge Mädchen messen sich dort oft an unrealistischen Idealen. «Das kann zu Unsicherheiten, geringem Selbstwertgefühl und dem Druck führen, sich anzupassen oder perfekt zu erscheinen», sagt Arndt. Neueste Umfragen zeigten, dass die intensive Nutzung sozialer Medien mit einem Anstieg von Essstörungen in Verbindung stehe und unterschiedliche Auswirkungen auf die Psyche haben könne.