Wie schützt das Oktoberfest Frauen vor sexueller Gewalt?
Autor: Regina Wank, dpa
, Dienstag, 23. Sept. 2025
Manche Dinge gehören zur Wiesn dazu: Bier, Dirndl - und sexuelle Übergriffe. Auch in diesem Jahr ist mit traurigen Statistiken zu rechnen. Doch es gibt auch einen Lichtblick.
Wiesn, das ist Tradition, Fahrgeschäfte, gute Stimmung - aber auch Rausch, Gewalt und sexuelle Übergriffe. Die bayerische Polizei betont, dass sie in diesem Jahr ein besonderes Augenmerk auf Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung haben will. «Jede Belästigung und jede Tätlichkeit in diesem Bereich ist eine zu viel», betonte Polizei-Vizepräsident Christian Huber vor Beginn der Wiesn. Doch wie lässt sich das verhindern?
Immer mehr Frauen und Mädchen suchen Hilfe
Die Zahlen derer, die am «Safe Space» auf dem Oktoberfest Hilfe suchen, etwa weil sie begrabscht oder bedrängt wurden oder einfach einen Moment der Ruhe brauchen, sprechen für sich. Wurden 2023 noch 320 Frauen und Mädchen registriert, waren es 2024 schon 352. Zu Beginn der Aktion im Jahr 2003 waren es 28. Seit Jahren steige die Zahl der Frauen, die auf der Wiesn Hilfe suchen, sagt Kristina Gottlöber vom Team «Sichere Wiesn für Mädchen und Frauen», das den Safe Space mitbetreibt.
Eskaliert die Gewalt gegen Frauen so sehr? «Wir glauben nicht, dass die Gewalt mehr wird. Sondern vielmehr, dass das Angebot bekannter geworden ist und den Frauen inzwischen stärker bewusst ist, dass sie sich Hilfe suchen dürfen und sich nicht alles gefallen lassen müssen», sagt Gottlöber. Während früher noch vermittelt worden sei, dass man nicht auf die Wiesn gehen dürfe, wenn man solche Übergriffe nicht abkönne, habe sich das Bewusstsein jetzt verändert. «Das ist ein gutes Zeichen, weil es einen gesellschaftlichen Wandel andeutet.»
In den Zelten sind nicht nur die Gäste gefährdet
Auch in den Festzelten scheint sich das Bewusstsein zu schärfen, dass sexuelle Übergriffe verhindert werden müssen. Die Bedienungen auf der Wiesn stehen im Auge des Sturms, sind stundenlang umgeben von Betrunkenen und mitten in der enthemmten Stimmung des Bierzelts. Eine Umfrage, die im Rahmen einer Studienarbeit im vergangenen Jahr von der Hochschule München durchgeführt wurde, ergab, dass 76 Prozent der befragten Bedienungen bereits sexuelle Belästigung erlebt haben.
Belastbare Zahlen gibt es dazu nicht. Doch dass es nicht ganz problemlos ablaufen dürfte, darauf weisen verschiedene Aktionen in den Bierzelten hin: Seit vergangenem Jahr werden sogenannte Wendo-Kurse für die Bedienungen etwa im Schottenhamel-Zelt oder im Armbrustschützen-Zelt angeboten, die Frauen zur Selbstverteidigung und Selbstbehauptung befähigen sollen. Dieses Jahr habe es zwei Online-Kurse gegeben, die gut gebucht gewesen seien, erzählt Gottlöber.
Damit Betroffene von Belästigung und Gewalt auch Hilfe rufen können, wird es in den Festzelten heuer erstmals Ladestellen für Handys mit leeren Akkus geben, teilte die Polizei mit. Zudem haben verschiedene Zelte - neben Schottenhamel und Armbrustschützenzelt auch das Hofbräu Festzelt und die Ochsenbraterei - sogenannte Safe-Now-Zonen eingerichtet. Mit der dazugehörigen App soll man unauffällig und direkt Hilfe rufen können. Der Sicherheitsdienst erhält dann eine Benachrichtigung und kommt den Angaben zufolge direkt zum Hilfesuchenden.
Fahrgeschäfte ergreifen Maßnahmen - reicht das?
Doch nicht nur in den Zelten, auch draußen werden Frauen oft nicht in Ruhe gelassen. Ein klassischer Ort dafür ist das traditionsreiche «Teufelsrad» - zum Leidwesen der Betreiberin. Das «Teufelsrad» ist einer der ältesten und beliebtesten Attraktionen auf dem Oktoberfest. Man muss sich an einer drehenden Scheibe möglichst lang festhalten. Wer runter fällt, ist ausgeschieden. Dabei kann dann auch das Dirndl hochrutschen.