«Schwieriges Verfahren» – Prozess um Tod von Hanna
Autor: Britta Schultejans, dpa
, Montag, 29. Sept. 2025
Um den Tod der Studentin Hanna in Aschau hat ein neuer Prozess begonnen. Saß der 2024 als Täter verurteilte Mann zu Unrecht im Gefängnis?
Am 3. Oktober ist es drei Jahre her, dass Hanna starb. Auf dem nur rund 885 Meter langen Weg von ihrer Stamm-Disco, dem «Eiskeller» im oberbayerischen Aschau, in ihr Elternhaus kam sie ums Leben. War es ein Unfall oder ein Verbrechen?
Das ist die Frage, die das Landgericht Traunstein nun klären muss. Kurz bevor sich ihr Todestag zum dritten Mal jährt, hat ein neuer Prozess um den Fall Hanna begonnen.
Angeklagter will sich «schweigend verteidigen»
Angeklagt ist ein heute 23-Jähriger, der damals rund um den mutmaßlichen Tatort joggen war. Er bestreitet nach Angaben seiner Verteidiger die Mordvorwürfe gegen ihn. Er wolle sich ansonsten aber «schweigend verteidigen», sagt sein Anwalt Yves Georg nach der Verlesung der Anklage.
Die Staatsanwaltschaft wirft dem Mann vor, die Studentin «aus sexuellen Motiven» angegriffen und dann in einen reißenden Bach gestoßen zu haben. Am 3. Oktober 2022 um 14.26 Uhr wurde das «Auffinden eines weiblichen Leichnams» gemeldet, wie der Beamte von der Kriminalpolizei Rosenheim vor Gericht sagt. Er leitete damals die Ermittlungen. Insgesamt seien 2.200 Personen vernommen worden, davon allein 750 «Eiskeller»-Besucher. 2.500 «Ermittlungsaufträge» habe es gegeben und 60 Hauptspuren.
Angeklagter auf freiem Fuß
Der Angeklagte war 2024 vom Landgericht Traunstein wegen Mordes zu einer Jugendstrafe von neun Jahren verurteilt worden, doch der Bundesgerichtshof (BGH) hob das Urteil wegen Befangenheit der Vorsitzenden Richterin auf. Sie hatte sich mit der Staatsanwaltschaft ausgetauscht, ohne die Verteidigung darüber zu informieren.
Weil es dann auch noch Zweifel an der Aussage des Hauptbelastungszeugen gab, ist der 23-Jährige, der wie Hanna aus Aschau stammt, inzwischen sogar aus der Untersuchungshaft entlassen worden. Den Gerichtssaal betritt er als freier Mann mit weißem Hemd und dunklem Sakko. Auf den Bildern, die die zahlreichen Fotografen von ihm machen, will er ausdrücklich nicht gepixelt werden.
«Er hat ja nichts getan», sagt seine Anwältin Regina Rick, die öffentlichkeitswirksam auch einen anderen Mandanten im Zuschauerraum des Gerichtssaals begrüßt: Manfred Genditzki, der – laut Gericht erwiesenermaßen – 13 Jahre lang zu Unrecht im Gefängnis saß für einen Mord, den es nie gegeben hat und der ein Unfall war. Die Signalwirkung, die damit wohl erzielt werden soll, dürfte klar sein: Aus Sicht von Verteidigerin Rick haben die Fälle Parallelen, aus ihrer Sicht droht erneut einem Unschuldigen Gefängnis.