Smartphone in der Schule - was dafür und was dagegen spricht
Autor: Jörg Ratzsch, dpa
, Donnerstag, 04. Sept. 2025
Lernhilfe, Störfaktor, Gesundheitsrisiko - über das Für und Wider von Handys an Schulen wird viel diskutiert. Was Experten dazu und über die richtige Dosis Smartphone beim Lernen sagen.
Es ist das im Moment am heißesten diskutierte Thema in der Bildungspolitik: Haben Smartphones an Schulen etwas zu suchen oder nicht? Zuletzt wurde darüber in Sachsen sogar bei einem «Handygipfel» im Beisein von Bundesbildungsministerin Karin Prien beraten.
Die CDU-Politikerin stellt an diesem Donnerstag in Berlin eine Expertenkommission vor, die sich ganz umfassend mit Kinder- und Jugendschutz im Netz beschäftigen soll. Das berührt mindestens indirekt auch das Schulthema.
Bildung ist Ländersache, daher regeln die Bundesländer die Frage der Handynutzung an Schulen selbst. Einige haben strenge Regeln und Verbote eingeführt, andere vertrauen auf die Eigenverantwortung der Schulen. Tendenziell gibt es am meisten Zustimmung dafür, Handys zumindest aus Grundschulen zu verbannen. In der gesamten Debatte werden immer wieder verschiedene Pro- und Contra-Argumente angeführt:
Argumente gegen ein Verbot
- Smartphones sind sinnvolle Hilfsmittel beim Lernen (Recherche, Lern-Apps oder Vokabeltrainer). Sie können Unterricht bereichern und aktive Mitarbeit fördern durch multimediales Arbeiten mit Videos, Tönen, Animationen, eigenen Kameraaufnahmen oder Interaktion mit dem Smartboard, etwa durch Live-Umfragen in der Klasse, gemeinsamen Zugriff auf Grafiken, Entwürfe oder andere Projekte («kollaboratives Klassenzimmer»).
- Die Schule muss einen verantwortungsvollen und kritischen Umgang mit digitalen Geräten und Inhalten im Netz und mit KI vermitteln, so dass Schüler auf die digitale Welt vorbereitet werden, in der sie diese Kompetenzen brauchen werden.
- Smartphones sorgen für Sicherheit: Eltern oder Retter sind im Notfall erreichbar, es gibt Notfall-Apps mit Standortfunktion. Bei Mobbing, Gewalt oder Unfällen können Handys als Beweismittel dienen.
- Einschränkungen an der Schule reduzieren nicht automatisch die Bildschirmzeit. Versäumtes (Chats, Timeline) wird später nachgeholt und erhöht nur die Bildschirmzeit nach der Schule.
Argumente für ein Verbot
- Smartphones lenken ab, stören den Unterricht, verringern Konzentration, Aufmerksamkeit und Lernleistung und können zu Betrug verleiten. KI lässt Lerngrenzen verschwimmen: Es wird unklar, was sich Schüler selbst erarbeiten und was von ChatGPT stammt.
- Handys in der Schule erhöhen die Gefahr von Cybermobbing durch Mitschüler oder von digitalen Mutproben, steigern den Druck, ständig erreichbar zu sein und fördern das soziale Vergleichen auf den verschiedenen Plattformen.
- Gruppenzwang: Wer kein Smartphone hat, steht schlecht da. Das setzt auch Eltern unter Druck.
- Schule sollte Kinder und Jugendliche vor übermäßigem Medienkonsum und Suchtverhalten schützen, deshalb sollte wenigstens dieser Bereich Handy-frei sein.
- Ist das Smartphone in der Hand, kommen Bewegung, Gespräche und (analoges) Spielen zu kurz.
Die viel diskutierte Smartphone-in-der-Schule-Frage berührt also ein ganzes Themengeflecht von Kinder- und Jugendschutz, über Unterrichtsgestaltung, soziale Interaktion und Medienkompetenz bis hin zur Gesundheit.
Was Wissenschaftler und Experten sagen
Die nationale Akademie der Wissenschaften Leopoldina empfiehlt in einem im August veröffentlichten Papier, die Nutzung von Smartphones in Schulen bis einschließlich Klasse 10 zu untersagen. Die Wissenschaftler plädieren generell für einen Kurs der Vorsicht (Vorsorgeprinzip), solange die Frage, ob es eine ursächliche Beziehung zwischen dem Gebrauch sozialer Medien und der psychischen Gesundheit von Kindern und Jugendlichen gibt, noch nicht wirklich geklärt ist.