Skepsis gegenüber Klimaanlagen - typisch deutsch?
Autor: Gregor Tholl, dpa
, Dienstag, 12. August 2025
Hitzewellen machen Wohnräume gefühlt zu Öfen. Klimaanlagen sind in vielen Ländern allgegenwärtig. In Deutschland wird mit ihnen gefremdelt. Warum ist das so, und deutet sich eine Trendwende an?
Bei Hitzewellen rücken Klimaanlagen auch in Deutschland zunehmend in den Fokus. Global gesehen sind solche Geräte seit Jahrzehnten auf dem Vormarsch. In Deutschland werden Klimaanlagen jedoch kritisch beäugt. Wörter wie «unökologisch», «ungesund» fallen vielen als Erstes ein, wenn es um Klimageräte geht. Die größte Sorge vieler Deutscher ist bekanntlich: «Es zieht!»
In den USA sind Klimaanlagen ganz normal. Auch Städte wie Dubai, Athen, Madrid, Bangkok und Singapur hätten ihren wirtschaftlichen Aufschwung wohl kaum ohne Klimaanlagen erlebt.
Hierzulande sind jedoch viele Büros gar nicht oder schlecht klimatisiert, ebenso Geschäfte, Hotels und Restaurants - und auch in vielen Krankenhäusern fehlt eine angemessene Klimatisierung, was aus Sicht von Patientinnen, Patienten und Personal problematisch ist. Im Auto dagegen verzichtet heutzutage kaum noch jemand auf eine gute Klimaanlage.
Die Deutsche Bahn fällt immer wieder durch ausfallende Klimaanlagen in ICE-Zügen auf. Deutschlands größtes Nahverkehrsunternehmen, die Berliner Verkehrsbetriebe (BVG), arbeitet nur mit Lüftungen, hat in seinen U-Bahnen keine Klimaanlagen eingebaut. Erklärung: Sie seien «nicht wirtschaftlich und umweltschädlich» («Wir öffnen bei der U-Bahn minütlich am U-Bahnhof alle Türen. Dieser Umstand ist für Klimaanlagen nicht gerade hilfreich.»)
Kulturwissenschaftlerin: Kalte Räume für Deutsche ungewohnt
«Es gibt gute Gründe für eine "Skepsis" gegenüber Klimaanlagen», sagt die Kulturwissenschaftlerin Eva Horn mit Blick auf die im deutschsprachigen Raum verbreitete Zurückhaltung gegenüber Klimageräten. «Es gibt so etwas wie kulturelle Gewohnheiten. Die Erfahrung, aus der Hitze in einen gefühlt eiskalten Raum zu kommen, ist für Deutsche ungewohnt.»
Die Kultur- und Literaturwissenschaftlerin Horn ist Professorin an der Universität Wien. 2024 brachte sie unter anderem das Buch «Klima - Eine Wahrnehmungsgeschichte» heraus.
«Klimaanlagen verschlingen nicht nur extrem viel Energie und tragen so zum Klimawandel weiter bei. Sie sind auch oft zu kühl eingestellt und werden daher häufig als unangenehm empfunden, denn sie gehen von einer Norm-Temperatur aus: 22 Grad Celsius, 50 Prozent Luftfeuchtigkeit», sagt Horn.