Rekordzahl an Todesfällen: Japan bläst zur Bärenjagd
Autor: Lars Nicolaysen, dpa
, Samstag, 15. November 2025
In Japan werden immer mehr Menschen von Bären angegriffen. Auch die Zahl der Todesfälle steigt. Jetzt greift der Staat zu drastischen Maßnahmen.
Japan ruft angesichts einer Rekordzahl an tödlichen Bärenangriffen zu den Waffen. Aufgrund akuten Mangels an erfahrenen Jägern beschloss die Zentralregierung, pensionierte Polizisten und ehemalige Soldaten zum Erwerb eines Jagdscheins zu ermutigen, wie die Zeitung «Asahi Shimbun» berichtete. Zudem wurden die strikten Waffenregeln gelockert: Polizisten dürfen nun mit Gewehren auf Bären schießen. Laut dem Umweltministerium wurden seit April landesweit 13 Menschen durch Bären getötet - ein Rekordwert. Dutzende weitere Menschen erlitten Verletzungen.
Die meisten Bärenangriffe werden aus den nördlichen Präfekturen Iwate und Akita gemeldet. Die Lage ist inzwischen so ernst, dass der Gouverneur von Akita, Kenta Suzuki, kürzlich das Verteidigungsministerium in Tokio aufsuchte und den Einsatz von Soldaten forderte. «Die Belastung der örtlichen Einsatzkräfte erreicht ihr Limit», sagte Suzuki.
Das Militär hilft den Behörden vor Ort nun bei der Aufstellung von Lebendfallen sowie beim Abtransport und der Entsorgung getöteter Bären. Die Soldaten schießen selbst jedoch keine Bären.
Bären finden in Wäldern nicht genug Nahrung
«Das Leben und die Existenzgrundlage der Menschen sind bedroht», sagte Verteidigungsminister Shinjiro Koizumi. Deshalb will die Regierung jetzt Geld für Jäger bereitstellen. Deren Zahl hat deutlich abgenommen - und die verbliebenen werden immer älter.
Es gibt mehrere Gründe dafür, weshalb es seit Jahren vermehrt zu gefährlichen Begegnungen zwischen Bären und Menschen kommt - darunter die zunehmende Aufgabe von Ackerflächen und die Entvölkerung ländlicher Gebiete im Zuge der Überalterung und des allgemeinen Bevölkerungsrückgangs.
Ein weiterer Grund ist, dass die Tiere nicht genug Nahrung in den Bergwäldern finden. So mangelt es an Bucheckern, was manche Experten auf den Klimawandel zurückführen. Andere wie der Jäger Kazuo Sugimoto verweisen darauf, dass in den Bergen nur noch Sugi (Japanische Zedern) und Hinoki (Japanische Scheinzypresse) stünden. «In solch einem Wald können Wildtiere nicht überleben», sagte er der Zeitung «Kanagawa Shimbun».
Nach dem Zweiten Weltkrieg wurden in Japan großflächige Aufforstungsprogramme durchgeführt. Dabei pflanzte man vielerorts schnell wachsende, wirtschaftlich nutzbare Nadelbäume wie Sugi und Hinoki, um den enormen Holzbedarf zu decken. Mit dem späteren Siegeszug billiger Importhölzer – vor allem seit den 1960er und 1970er Jahren – brach die heimische Forstwirtschaft jedoch ein. Viele Plantagen wurden nicht mehr bewirtschaftet, kaum noch ausgedünnt oder abgeholzt - und verwilderten.