Messerangriff im Hauptbahnhof - Täterin wohl psychisch krank
Autor: Bernhard Sprengel, dpa
, Dienstag, 18. November 2025
Eine Frau sticht wahllos auf Reisende im Hamburger Hauptbahnhof ein. Jetzt wird der Fall vor Gericht verhandelt. Die Staatsanwaltschaft geht davon aus, dass die mutmaßliche Täterin schuldunfähig ist.
Fast genau sechs Monate nach dem Messerangriff mit zahlreichen Verletzten am Hamburger Hauptbahnhof wird die mutmaßliche Täterin in Handschellen in einen Gerichtssaal geführt. Die 39-Jährige nimmt zu Beginn des Prozesses vor einer Großen Strafkammer am Landgericht neben einer Betreuerin und einem Justizbeamten Platz. Sie trägt einen grauen Kapuzenpulli und eine dunkle Jacke, ihre dunklen, glatten Haare hat sie zu einem Knoten zusammengebunden. Die zierliche Frau wirkt blass und sehr angespannt.
Am vergangenen 23. Mai, einem Freitag, soll die Deutsche auf einem Bahnsteig voller Menschen wahllos auf Reisende eingestochen haben, die dort gegen 18.00 Uhr auf ihren Zug warteten. Während sechs Personen den Stichen ausweichen konnten, erlitten 15 Menschen zum Teil erhebliche Schnitt- oder Stichverletzungen. Die Staatsanwaltschaft wirft der Beschuldigten versuchten Totschlag in 21 Fällen vor, davon in 15 Fällen in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung.
Paranoide Schizophrenie vermutet
Die Behörde geht davon aus, dass die Frau wegen einer psychischen Erkrankung bei der Tat schuldunfähig war. Sie leide an einer mit Realitätsverkennung einhergehenden paranoiden Schizophrenie und höre Stimmen, hieß es. In dem sogenannten Sicherungsverfahren geht es darum, ob die Beschuldigte aufgrund ihrer Krankheit eine Gefahr für die Allgemeinheit darstellt und auf Dauer in einem psychiatrischen Krankenhaus untergebracht werden muss. Nach der Tat wurde sie dort nur vorläufig eingewiesen.
Nach Verlesung der Antragsschrift stellt Verteidigerin Katharina Gieseking einen Antrag auf Ausschluss der Öffentlichkeit, dem die Große Strafkammer folgte. Zuschauer sollen erst zur Verkündung des Urteils wieder zugelassen sein.
Die Vorsitzende Richterin Birgit Woitas kündigt an, dass möglicherweise in Abwesenheit der Beschuldigten verhandelt werde. Der 39-Jährigen gehe es nach wie vor sehr schlecht, es gebe Anhaltspunkte, dass sich ihr Zustand durch die Gerichtsverhandlung weiter verschlechtern könne.
Angriff auf Vater und spielendes Kind
Im Prozess geht es noch um zwei weitere Taten. Am 5. Januar 2025 soll die 39-Jährige in Großhansdorf (Kreis Stormarn) nordöstlich von Hamburg versucht haben, ihren damals 69 Jahre alten Vater mit einer Schere zu töten. Die Tat ereignete sich an jenem Sonntag in einem Ferienhaus der Eltern.
Die Beschuldigte habe gegen 14.00 Uhr mit ihren Eltern und Cousinen am Esstisch gesessen. Plötzlich sei sie aufgesprungen und habe Türen geknallt, heißt es in der Antragsschrift. Der Vater folgte ihr in die Küche. Weil die Tochter kein Messer fand, griff sie sich eine Schere. «Sinngemäß sagte die Beschuldigte, dass nun gemordet werde», trug die Staatsanwältin vor. Dem Vater gelang es, die 39-Jährige zu Boden zu bringen. Bevor die Mutter ihr die Schere abnehmen konnte, verletzte sie ihn jedoch dreimal am Oberarm und der Schulter. Auch in diesem Fall geht es um versuchten Totschlag und gefährliche Körperverletzung.