Kommt ein Pferd in den Speisesaal - Stute besucht Pflegeheim
Autor: Boris Roessler, dpa
, Freitag, 10. Oktober 2025
In einem Seniorenheim gleicht ein Tag oft dem anderen. Abwechslung verspricht Besuch - vor allem, wenn nicht die Verwandtschaft, sondern ein Pferd auf dem Flur steht.
Vorsichtig setzt Wega ihre Hufe auf das dunkle Laminat. Schritt für Schritt wagt sich die Haflinger-Stute in das Foyer des Pflegeheims in Bückeburg im niedersächsischen Landkreis Schaumburg vor. Das Klackern der Hufeisen führt zu ersten neugierigen Blicken. «Kommt ruhig näher heran, sie ist ganz vorsichtig», ruft Nele Plaßmeier den noch etwas zurückhaltenden Bewohnerinnen und Bewohnern zu, während sie ihr Pferd nur locker am Strick führt.
Der Aufruf wirkt. Auf dem Weg in Richtung Speisesaal rollen mehrere Frauen in ihren Rollstühlen dem Pferd hinterher. Dort, wo die Menschen der Seniorenresidenz «Hyggegarten» sonst gemeinsam essen, hat das Personal bereits die Tische für den ungewöhnlichen Gast zur Seite gestellt.
Etwa zwanzig Frauen und Männer sitzen im Kreis und warten auf Wegas Ankunft. Viele sind sichtbar geschwächt. Einige haben Probleme, sich zu artikulieren, kämpfen mit Demenzsymptomen oder sind aufgrund ihres Gesundheitszustandes permanent auf einen Rollstuhl angewiesen.
«Das Pferd strahlt einfach eine Ruhe aus»
«Seitdem unsere Bewohner wissen, dass Wega wieder zu Besuch kommt, merkt man den Leuten die Vorfreude richtig an», sagt Tanja Schal, die in dem Pflegeheim den Sozialdienst leitet. «Das Pferd strahlt einfach eine Ruhe aus, die sich sofort auf die Menschen überträgt. Das ist toll.»
Neugierig blickt die braune Stute in die Runde, bläht die Nüstern und erschnuppert die auch aus ihrer Perspektive ungewohnte Umgebung. «Sie erkennt genau, dass sie sich hier langsam und vorsichtig bewegen muss - aber das haben wir geübt», sagt die 23 Jahre alte Pferdebesitzerin Plaßmeier.
Pferd wird gestreichelt und gestriegelt
«Das ist einfach so schön. Ich bin auf dem Dorf groß geworden, da waren überall Pferde», sagt eine Frau und strahlt, während sie mit zittriger Hand Wegas' Hals streichelt. «Das ist was ganz Tolles für uns hier», kommentiert ein Mann im Rollstuhl, nachdem er die Flanke des Pferdes minutenlang mit einer Bürste gestriegelt hat.
Nach und nach dirigiert Plaßmeier das Pferd durch den Raum. Niemand weicht angesichts des großen Tieres zurück. Immer wieder bekommt Wega Leckerli und wird gestreichelt.