Kindesmissbrauch: «Im Netz explodiert das Risiko»
Autor: Jörg Ratzsch, dpa
, Donnerstag, 21. August 2025
Sexuelle Gewalt gegen Kinder bleibt in Deutschland auf hohem Niveau, wie ein Lagebild des Bundeskriminalamts zeigt. Experten warnen vor allem vor den vielen verschiedenen Gefahren im Netz.
           
Sexuelle Übergriffe, Ausbeutung Minderjähriger, Missbrauchsdarstellungen im Netz - die Zahl sexueller Gewalttaten gegen Kinder und Jugendliche liegt in Deutschland weiterhin auf einem besorgniserregend hohem Niveau. Darauf haben Bundesinnenministerium, Bundeskriminalamt und die Missbrauchsbeauftragte des Bundes bei der Präsentation eines jährlichen Lagebildes mit Zahlen und Einblicken in das Thema hingewiesen.
Die Missbrauchsbeauftragte Kerstin Claus warnte mit eindringlichen Worten: «Im Netz explodiert das Risiko sexualisierter Gewalt. Noch nie war es für Täter so leicht, Kinder zu erreichen» und für Kinder und Jugendliche sei das Risiko, Opfer zu werden so hoch wie nie.
Was die Zahlen sagen
In Deutschland bearbeitete die Polizei im vergangenen Jahr laut Polizeilicher Kriminalstatistik (PKS), auf deren Basis das Lagebild erstellt wurde, 16.354 Fälle von sexuellem Missbrauch von Kindern. Pro Ermittlungsfall können auch mehrere Kinder betroffen sein. Die Polizei zählte gut 18.000 Opfer im Zusammenhang mit sexuellem Kindesmissbrauch - ein unverändert hohes Niveau im Vergleich zum Vorjahr (16.375 Fälle, 18.497 Opfer).
13.365 der Opfer waren Mädchen, 4.720 Jungen. In mehr als der Hälfte der Fälle (57 Prozent) bestand zwischen Opfer und Tatverdächtigem dem Bericht zufolge nachweislich eine Vorbeziehung. Eltern, Geschwister, Gleichaltrige, Trainer, Nachbarn oder andere Bezugspersonen sind häufig Täter.
Registriert wurden 12.368 Tatverdächtige, ein Zuwachs von 3,9 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Die Polizei zählte knapp 1.200 Fälle von sexuellem Missbrauch von Jugendlichen im Alter von 14 bis 17. Die Zahl der Tatverdächtigen lag hier bei 1.018.
Was die Zahlen nicht aussagen
Die Zahlen geben nur Auskunft über das sogenannte Hellfeld, also Fälle, die angezeigt und der Polizei bekannt wurden. Sie schwanken entsprechend auch nach Anzeigeverhalten.
Oft werden Taten aus Scham, Angst oder anderen Gründen nicht gemeldet. Schon lange wird darüber diskutiert, wie das sogenannte Dunkelfeld besser ausgeleuchtet werden kann. Die Missbrauchsbeauftragte kündigte dazu eine groß angelegte Studie an. Ab dem kommenden Jahr sollen bundesweit Jugendliche in den neunten Klassen nach möglichen Missbrauchserfahrungen befragt werden.