Ermittler: Schuss auf bewaffnete Zwölfjährige im Treppenhaus
Autor: dpa
, Freitag, 28. November 2025
Warum kam es zum Schuss auf ein zwölfjähriges Mädchen in Bochum? Ermittler schildern dramatische Momente - und stoßen damit auf Unverständnis beim Anwalt des Mädchens.
Dem Schuss der Polizei auf ein zwölfjähriges Mädchen in Bochum sind nach Angaben der Ermittler dramatische Sekunden vorausgegangen. Die eingesetzten Polizisten hätten einen möglichen Messerangriff befürchtet und seien deshalb im Treppenhaus vor der Wohnungstür in Stellung gegangen. Als das Mädchen mit zwei Messern in der Hand erschienen sei, sei der Schuss gefallen, sagte Oberstaatsanwalt Benjamin Kluck in einer gemeinsamen Sondersitzung des NRW-Innenausschusses und des Familienausschusses.
Doch der Anwalt der Zwölfjährigen hat Zweifel an dieser Darstellung der Ermittlungsbehörden. Nach Gesprächen mit der Mutter und dem Bruder des Mädchens gehe er davon aus, dass «kein Messerangriff vorlag, und erst recht kein Messerangriff mit unmittelbarer Lebensgefahr für die Beamtinnen und Beamten», sagte Simón Barrera González. Der Landesregierung warf er vor, sich einseitig auf die Seite der Polizisten zu stellen.
Das Mädchen hatte bei dem Einsatz in der Nacht zum 17. November einen Durchschuss in der Brust erlitten und schwebte in Lebensgefahr. Nach zwei Operationen sei die Zwölfjährige «aktuell wach und ansprechbar», sagte Nordrhein-Westfalens Innenminister Herbert Reul (CDU). Es sei aber noch eine dritte Operation in den kommenden Tagen nötig.
Familie ist gehörlos
Die Beamten waren ausgerückt, weil die Zwölfjährige in ihrer Wohngruppe für gehörlose Kinder und Jugendliche in Münster vermisst wurde. Sie war zu ihrer Mutter nach Bochum gefahren, der das Sorgerecht für das Mädchen entzogen worden war. In der Wohnung war auch der Bruder des Mädchens - alle drei sind gehörlos.
Stundenlang sei den Beamten nicht geöffnet worden, sagte Reul. Mehrmals seien die Betreuer aus der Wohngruppe der Zwölfjährige per Videotelefonie in Kontakt mit der Mutter gewesen.
Zwölfjährige brauchte lebenswichtiges Medikament
Die Beamten hätten unter Zeitdruck gestanden. Es sei klar gewesen, dass die Zwölfjährige noch in der Nacht ein wichtiges Medikament nehmen musste, «weil sonst eine Lebensgefahr entstehen kann», betonte der Minister.
Erst mitten in der Nacht gegen 1.30 Uhr habe die Mutter den vier Polizisten die Wohnungstür geöffnet. Sie sei «emotional aufgebracht gewesen» und habe um sich geschlagen, berichtete Oberstaatsanwalt Kluck. Zwei Beamte hätten sie deshalb zu Boden gebracht und fixiert.