Gewalt bei Festnahmen - Ermittlungen gegen Polizisten
Autor: Christian Schultz, Jens Albes und Jan Brinkhus, dpa
, Freitag, 10. Oktober 2025
Tritte, Schläge, Fake-Ermittlungen: 17 Frankfurter Polizisten stehen unter einem schweren Verdacht. CDU-Innenminister Poseck will durchgreifen.
Tritte, Schläge oder den Kopf gegen die Wand gestoßen: Es sind schwere Vorwürfe, die gegen Frankfurter Polizisten im Raum stehen. Die Staatsanwaltschaft ermittelt gegen 17 Beamtinnen und Beamte des 1. Frankfurter Polizeireviers, weil sie in sechs Fällen während oder nach Festnahmen entweder selbst gewalttätig geworden sein oder weggeschaut haben sollen. Einer der Geschädigten habe einen Nasenbeinbruch erlitten, sagte Oberstaatsanwalt Dominik Mies. Hinweise auf ein extremistisches oder rassistisches Motiv gebe es bislang nicht.
In einem Fall soll ein Mann eine Treppe heruntergestoßen worden sein. Die Übergriffe sollen sich zwischen Februar und April dieses Jahres ereignet haben. Ins Rollen kamen die Ermittlungen, nachdem die sechs Männer Anzeige erstattet hatten. Zwei von ihnen sind nach Angaben der Staatsanwaltschaft in Syrien geboren, aber staatenlos. Zwei haben die deutsche Staatsangehörigkeit, zwei die algerische.
Die Ermittler durchsuchten 21 Wohnungen und vier Dienststellen der Polizei, darunter das 1. und das 4. Frankfurter Polizeirevier. Es sei dabei vor allem um die Handys und Dienstcomputer der Tatverdächtigen gegangen, um eventuell erkennen zu können, ob sie sich über die Taten ausgetauscht hätten, sagte Oberstaatsanwalt Mies.
Entsetzen bei Polizei, Staatsanwaltschaft und Innenministerium
Polizeibehörden, Staatsanwaltschaft, hessisches Innenministerium, sie alle sind alarmiert. Innenminister Roman Poseck (CDU) kündigt ein hartes Vorgehen und personelle Konsequenzen an. Zur Vermeidung jeden Anscheins einer nicht unabhängigen Bearbeitung sind die Sachverhalte laut Poseck dem Landeskriminalamt (LKA) übergeben worden.
Bei den Ermittlungen gegen fünf Beamtinnen und zwölf Beamte zwischen 24 und 56 Jahren geht es um mutmaßliche Körperverletzung und Strafvereitelung im Amt sowie die Verfolgung Unschuldiger. Zwei der Verdächtigen sind Führungskräfte.
Fake-Ermittlungen zur Vertuschung der eigenen Übergriffe?
In fünf Fällen hätten die Beamten zu ihrer Rechtfertigung Fake-Ermittlungen gegen die Opfer wegen Widerstands oder Angriffe eröffnet. Kameras im Polizeirevier, an Polizeiuniformen und im öffentlichen Raum sollen einige der Übergriffe dokumentiert haben.
Unter Verdacht stehen Streifenpolizisten und Vorgesetzte im 1. Polizeirevier. Dieses liegt mitten in einer sehr belebten Gegend der Innenstadt an der Konstablerwache. Die Umgebung hat einen eher rauen Charme, hier spielt das pralle, harte Leben in Hessens größter Stadt - mit der Einkaufsstraße Zeil, mehreren Nachtclubs sowie einem kleinen Rotlichtviertel.