Neue Ansätze zum Bekämpfen von Krebs: So könnte in Zukunft behandelt werden
Autor: Redaktion
Bamberg, Dienstag, 17. Oktober 2017
Derzeit steht eine neue Gentherapie gegen Krebs im Fokus, die bei Experten Hoffnungen weckt. In den USA wurde sie bereits zugelassen.
Die Immuntherapie bei Krebs macht immer häufiger von sich reden. Kürzlich wurde in den USA eine neue Therapie mit sogenannten CAR-T-Zellen bei Leukämiepatienten zugelassen. Wo steht die Krebstherapie heute?
Ein Gespräch mit Professor Martin Trepel, Chefarzt der II. Medizinischen Klinik am Augsburger Klinikum.
Man hat den Eindruck, dass die Immuntherapie gegen Krebs rasant voranschreitet. Wird die Immuntherapie immer differenzierter?Martin Trepel: Ja. Zum einen nimmt die Zahl der verschiedenen Immuntherapien, die uns zur Verfügung stehen, immer mehr zu. Was aber noch schneller vorangeht, ist die Überprüfung, bei welchen Tumorarten eine Immuntherapie sinnvoll ist und bei welchen nicht. Das Bild wird komplexer - man weiß, dass Immuntherapie nicht bei allen Tumorerkrankungen funktioniert, aber doch bei etlichen. Man versteht heute auch viel besser, welche Faktoren Einfluss auf die Wirksamkeit haben. Es gibt bestimmte Immuntherapieverfahren, die funktionieren bei einer Krankheit und bei der anderen nicht - und umgekehrt. Es gibt aber auch Krankheiten, wo Immuntherapie allgemein nicht so gut anschlägt. Unter den Darmkrebspatienten beispielsweise gibt es (bisher) nur eine kleine Gruppe, bei denen sie gut funktioniert.
Welche Verfahren erscheinen Ihnen denn derzeit als vielversprechend?
Die sogenannten Checkpoint-Inhibitoren - die sozusagen die Bremsen des Immunsystems lösen können, damit es den Krebs bekämpfen kann - haben bisher die breiteste Wirkung bei verschiedenen Krebsarten gezeigt. Außerdem sind sie am einfachsten und mit nur wenig Nebenwirkungen einsetzbar. Aber auch andere neue Immuntherapien, wie die sogenannten BiTEs oder die CAR-T-Zellen, funktionieren noch erstaunlich gut in Fällen, die auf nichts anderes mehr ansprechen. Während die Checkpoint-Inhibitoren das Immunsystem eher breit und unspezifisch aktivieren, erkennen BiTEs und CAR-T-Zellen spezifisch bestimmte Eiweiße auf Krebszellen und lenken das Immunsystem darauf. Sie sind sehr wirksam, sogar so wirksam, dass man sie in einer verschwindend kleinen Dosierung geben muss, weil sonst die Aktivierung des Immunsystems zu stark ist.
In den USA wurde kürzlich eine Gentherapie mit CAR-T-Zellen bei Leukämie zugelassen. Ein Durchbruch?
Ja, das ist wieder ein großer Fortschritt. Es handelt sich um ein ganz neues Wirkprinzip, das wir bisher außerhalb von wissenschaftlichen Studien noch nicht verfügbar hatten. Auch wenn es derzeit nur einer ganz kleinen Gruppe von Patienten hilft, wird sich das Therapieprinzip unter Umständen eines Tages auch auf andere Tumorerkrankungen übertragen lassen.
Was ist das Besondere an den CAR-T-Zellen?
Dem Patienten werden Immunzellen, sogenannte T-Zellen, entnommen. Sie tragen auf ihrer Oberfläche Moleküle, mit denen sie bestimmte Merkmale auf Tumorzellen erkennen können. Diese Erkennungsmoleküle werden so verändert, dass die Zellen einerseits ihre Angriffslust behalten und andererseits die Tumorzellen sehr spezifisch und gut erkennen können. Die so veränderten Zellen werden dem Patienten zurückgegeben.
Handelt es sich tatsächlich um eine Gentherapie?
Ja, es handelt sich streng genommen um eine Gentherapie, nur um eine, die außerhalb des Körpers stattfindet. Man verändert die Immunzellen "im Reagenzglas", indem man ein therapeutisches Gen einschleust, das sie die Krebszellen erkennen lässt.
Wie groß sind die Erfolge mit der CAR-T-Therapie bei Leukämie?
Für die Therapie, die jetzt in den USA zugelassen wurde und demnächst auch in Europa verfügbar sein wird, waren die Ergebnisse sehr, sehr gut. Man untersuchte die Therapie an Patienten, die auf alle herkömmlichen Therapien nicht mehr ansprachen und mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit binnen kurzer Zeit gestorben wären. Bei ihnen zeigte die CAR-T-Therapie noch Anspre chraten in einer Größenordnung von 80 bis 90 Prozent.
Wo liegen die Schwierigkeiten?
Da die Merkmale auf den Tumorzelloberflächen, die von den CAR-T-Zellen angegriffen werden, weder auf Leber-, Lungen- , Herz- oder anderen gesunden Zellen anzutreffen sind, gibt es mit den wichtigen Organen wenig Probleme. Hauptproblem bei der CAR-T-Therapie ist eine heftige Entzündungsreaktion, die man zwar einerseits will, die aber andererseits auch gefährlich werden kann.
Das Gespräch führte
Sibylle Hübner-Schroll