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[Kommentar] Trump steigt aus Klimaschutz aus - eine Chance für Europa


Autor: Adrian Grodel

Bamberg, Freitag, 02. Juni 2017

US-Präsident Donald Trump hat das Klimaschutzabkommen von Paris aufgekündigt. Das ist bitter, aber dennoch kein Grund, in Panik zu verfallen.
Amerikanischer Umbau Karikatur: Jürgen Tomicek


Nun, eine Überraschung war die Ankündigung von Donald Trump, das weitreichende Klimaabkommen von Paris aufzukündigen, wahrlich nicht. Der umstrittene US-Präsident hat letztlich nur mehr das wahr gemacht, was er im Wahlkampf schon für seine konservative Klientel marktschreierisch angekündigt hatte: Es gibt keine Klimaerwärmung - und somit muss man auch nichts dagegen tun. Vielmehr sind die anderen Staaten die Bösen, weil sie mit einer stringenten Klimapolitik den Wirtschaftsinteressen der USA schaden wollen. So einfach ist der mächtigste Mann der Welt gestrickt. Punkt.


In prominenter Gesellschaft

Dass Trump jegliche Fakten, die nicht in sein Weltbild und das seiner Anhänger passen, einfach mit sogenannten Fake News am liebsten per Twitter beiseite wischt, ist bekannt. Mit der Leugnung des Klimawandels befindet er sich in den USA allerdings in prominenter Gesellschaft. Schon einer seiner republikanischen Vorgänger, George W. Bush, tat sich schwer mit der Vorstellung, dass die Welt eines Tages wegen der hohen Kohlendioxidbelastung aus den Fugen geraten könnte. Trump gehört wie Bush einer Generation an, für die Aufschwung und wirtschaftliche Beständigkeit eng mit der Ausbeutung fossiler Brennstoffe verbunden ist. Es ist eine Generation, die sich nicht vorstellen kann und will, dass diese Ressourcen endlich sind und die Nutzung das Klima aufheizt.


Trump spaltet ganz bewusst

Der Unterschied zwischen Bush und Trump besteht allerdings darin, dass Bush letztlich bei aller Nähe zur Ölindustrie Realpolitiker und kein Politclown war. Trump spaltet sein Land - und das ganz bewusst. Er fühlt sich ausschließlich seinen Wählern verpflichtet, die die Schuld für ihre Unzufriedenheit bei allen und jedem suchen, nur nicht bei sich selbst. Doch der Wahlkampf ist lange vorbei. Und die Würde des Amtes eines US-Präsidenten gebietet es, trotz unterschiedlicher politischer Auffassungen für alle Amerikaner da zu sein. Mit Trumps Klima-Entscheidung wird der Riss nur noch tiefer. Selbst seine einflussreiche Tochter Ivanka weiß das, sie konnte ihren Vater allerdings nicht umstimmen. Bundesstaaten wie das liberale Kalifornien haben jetzt schon angekündigt, sich gegen Trump zu stellen und das Klimaabkommen von Paris weiterhin umsetzen zu wollen.


Kündigung nicht so einfach

Bedauerlich ist der Ausstieg der USA aus dem Klimaschutz in erster Linie aus politisch-diplomatischen Gründen, weil sich Amerika damit mit einem riesigen Schritt von der Weltgemeinschaft entfernt. De facto wird sich aber erst einmal nicht viel ändern. Die Kündigung des Pariser Klimavertrags ist frühestens drei Jahre nach seinem Inkrafttreten möglich und dann muss ein weiteres Jahr vergehen, bis die Kündigung wirksam ist. Dann stehen die nächsten Wahlen an, wenn Trump überhaupt die Zeit bis dahin im Amt übersteht. Zudem steigt das Volumen der Treibhausgase, das Amerika als zweitgrößter Emittent der Welt in die Luft bläst, nicht an.

Es bleibt also - schlimmstenfalls - vorerst alles beim Alten. Insofern ist die relative Gelassenheit, die Politiker aus ganz Europa nach der Trump-Entscheidung zeigen, absolut richtig. Die Unterzeichnerstaaten dürfen gerade jetzt nicht nachlassen in ihren Bemühungen, das Klima zu retten. Das wird schwierig genug, weil schlichtweg schon zu viel Zeit vergangen ist und zu viel heiße Luft bei diversen Klimakonferenzen produziert wurde. Insofern war Paris 2015 tatsächlich ein Meilenstein.


Europäische Klimapolitik

Wenn es vor allem den Europäern gelingen sollte, China und Indien mit ins Boot zu holen, dann ist das vermutlich noch wertvoller, als den unsicheren Kantonisten USA irgendwie durchzuschleppen. Die Ankündigung aus dem Weißen Haus drängt die Europäer vielmehr dazu, ihre Geschicke endlich in die eigenen Hände zu nehmen: eine gemeinsame Außen- und Wirtschaftspolitik, eine gemeinsame Armee - und jetzt auch eine gemeinsame Klimapolitik.

Wie sehr Amerika inzwischen isoliert ist, zeigt sich darin, dass nur Nicaragua und Syrien das Klimaabkommen von Paris nicht unterzeichnet haben. Wenn diese Staaten die Gesellschaft sind, in der sich Trump künftig wohlfühlt, dann ist diesem Präsidenten der letzten verbliebenen Weltmacht nicht mehr zu helfen. Aber das will er vermutlich ja auch nicht.