Die Kinderschänder und ihre Jäger
Autor: Christoph Hägele
Bamberg, Donnerstag, 16. Juli 2020
Einen Logopäden aus Würzburg überführten Ermittler aus Bamberg jüngst des sexuellen Missbrauchs in 64 Fällen. Trotz dieses Erfolgs werden die fränkischen Ermittler im Kampf gegen kinderpornografische Netzwerke oftmals ausgebremst.
Als sich der Logopäde aus Würzburg wieder einmal ins Darknet einwählte, dürfte er sich in Sicherheit gewähnt haben. Er irrte sich. Das muss dem Enddreißiger spätestens dann klar geworden sein, als an einem Märzabend 2019 ein Sondereinsatzkommando der Polizei sein Zimmer stürmte. "Sein Computer lief noch, der Darknet-Browser war geöffnet", sagt der Bamberger Generalstaatsanwalt Thomas Janovsky.
Seit 2015 ist bei der Generalstaatsanwaltschaft Bamberg die Zentralstelle Cybercrime Bayern (ZCB) angesiedelt. 15 Staatsanwälte sind dort bayernweit unter anderem zuständig für Ermittlungen in den Bereichen von Kinderpornografie und sexuellem Missbrauch von Kindern. Im offenen Netz, vor allem aber im Darknet sichten sie Dokumente sexualisierter Gewalt und sammeln Hinweise auf die Täter.
2019 führte die ZCB in diesem Deliktfeld mehr als 670 Verfahren gegen namentlich bekannte Beschuldigte. Aus welchen Gebieten des Freistaats die Beschuldigten genau stammen, erhebt die ZCB nicht. Aussagen über die Zahl fränkischer Beschuldigter sind aus diesem Grund auch nicht möglich.
"Ein großes Problem für uns"
Dem Würzburger Logopäden konnten die Ermittler am Ende über 22 000 kinderpornografische Bild- und Videodateien zuordnen. Unter großer öffentlicher Anteilnahme verurteilte ihn das Landgericht Würzburg in diesem Mai in erster Instanz wegen des schweren sexuellen Missbrauchs in 64 Fällen zu einer Haftstrafe von elf Jahren und vier Monaten.
Dem Logopäden auf die Spur gekommen waren die Ermittler mithilfe seiner IP-Adresse. Eine IP-Adresse besteht grob gesprochen aus Nummern, die Nutzern im Internet individuell zugewiesen werden. Die IP-Adresse des Logopäden erhielt die ZCB mit dem Hinweis auf einen Darknet-Nutzer, der offenbar Missbrauchsbilder und -videos herstellte. Wie genau sie an die IP-Adresse kam, verrät die ZCB nicht.
Die IP-Adresse des Logopäden führte die ZCB auf juristisch unwegsames Gelände. Zwar verpflichtet ein 2015 vom Bundestag verabschiedetes Gesetz die Internetanbieter dazu, IP-Adressen langfristig zu speichern.
Nach einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts Münster aber ist diese Pflicht zur Vorratsdatenspeicherung gegenwärtig ausgesetzt.