Die gespaltene Nation - ein Kommentar zur US-Wahl
Autor: Falk Zimmermann
Bamberg, Mittwoch, 09. November 2016
Am Tag nach der US-Wahl herrscht Katerstimmung. Nicht nur in Übersee. Denn die nächsten vier Jahre werden alles andere als leicht.
Nun ist es also geschehen. Amerika hat gewählt. Endlich - möchte man ausrufen. Denn allen Endzeit-Beschwörungen und Untergangs-Prophezeiungen zum Trotz können wir sagen: Die Welt dreht sich weiter, die Sonne geht auch heute wieder auf. Ein Trost ist das allemal, waren doch die vergangenen Wochen und Monate von einer ungekannten medialen Düsternis geprägt, dass selbst Berufsoptimisten daran hätten verzweifeln können.
US-Wahl: Donald Trump ist neuer Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika
Amerika muss sich neu sortieren
Amerika muss sich neu sortieren. Der Platz als Nummer eins in der Welt ist ja schon länger strittig. Die Selbstgewissheit ist dahin, außen rütteln nicht nur die Chinesen am Podest. Und innen? Da haben spätestens Immobilienkrise und Bankensterben die Vorstellung von der eigenen Unbesiegbarkeit brüchig werden lassen. Too big to fail? Auch Riesen können stürzen. Wie aber diese Wahrheit anpacken? Stiernackig, in bester Cowboy-Manier und einfach weiter so wie damals auf dem langen Treck nach Westen? Oder kollaborativ, nicht mehr als Weltpolizist, sondern als Teil einer Wertegemeinschaft mit der Fähigkeit zum Fehlermanagement?Donald Trump: Biografie und Fakten zum neuen US-Präsidenten
Gerade wir Deutschen sollten aber gerade jetzt dem geübten Reflex vom Ami-Überdruss widerstehen. Weil wir vielleicht das amerikanischste Land in Europa sind. Weil für uns nicht nur wirtschaftlich viel davon abhängt, wie es jetzt auf der anderen Seite des Großen Teichs weitergeht. Weil unser Wohlstand auf dem Marshallplan gründet. Weil wir - so schwer wir uns damit abfinden können - erst von den Amerikanern die Demokratie (wieder) lernen mussten. Ohne Amerika ist Deutschland, so wie wir es kennen, nicht denkbar. Darum gehen auch uns die nächsten vier Jahre im Weißen Haus direkt an. "Heute sind wir alle Amerikaner", erklärte der damalige SPD-Fraktionschef Peter Struck nach den Anschlägen vom 11. September 2001. 15 Jahre später ist dieser Satz, in anderer Form, wieder aktuell. Er soll sagen: Unser Interesse an den USA darf nicht schwinden.
Das Hysterische muss dem Faktischen weichen
Das Amt des Präsidenten ist nur Teil eines feingliedrigen Apparats, der viele Steuermöglichkeiten zulässt. Die Überhöhungen eines Donald Trump zum diabolischen Totengräber einer Nation war daher ebenso falsch wie das Bild von einer Hillary Clinton, das nur das kleinere Übel zeigte. Dies sollte uns jetzt bewusst werden. Ergo: Das Hysterische muss dem Faktischen weichen. Wie ist Trumps Verhältnis zu Deutschland?
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