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Corona-Pandemie: Warum sterben in Italien so viele an dem Virus?


Autor: Sophia Herzing

Italien, Mittwoch, 15. April 2020

Italien galt eine Zeit lang als das Sorgenkind Europas: An manchen Tagen starben dort knapp 1000 Menschen an Covid-19. Doch warum trifft es Italien so hart?
Liegt es an der alten Bevölkerung? Warum ist die Situation während der Corona-Pandemie in Italien so verheerend? Symbolfoto: Photographee.eu/Adobe Stock


Italien hat zum jetzigen Stand (15. April 2020, 15.30 Uhr) laut der Welt-Gesundheits-Organisation (WHO)162.488 bestätigte Corona-Fälle und 21.096 Tote. Damit liegt Italien auf dem dritten Platz der Länder, die weltweit am stärksten von der Corona-Pandemie betroffen sind. Mehr Infizierte haben nur die USA und Spanien. Doch trotzdem ist Italien trauriger Anführer, wenn es um die Sterberate von Corona-Patienten geht. Zum Vergleich: In Deutschland stirbt nach aktuellem Stand jeder 39. Patient an dem Virus, in Italien ist es jeder siebte.

Warum ist die Lage in Italien so verheerend? Warum müssen in dem europäischen Land so viele an dem Corona-Virus sterben? Laut dem Mitteldeutschen Rundfunk gibt es wohl nicht den einen Grund für die hohe Sterberate, jedoch mehrere Faktoren, die dazu beitragen.

6 Gründe für die hohe Sterberate in Italien

  1. Demografie 
    Italiens Bevölkerung ist im Vergleich zur gesamten EU überdurchschnittlich alt, was zur Folge hat, dass die Bewohner generell anfälliger für Infektionen ist, so auch für Corona. Fast 80 Prozent der Patienten in Italien sind 70 Jahre alt oder älter. Zum Vergleich: Das Durchschnittsalter der Infizierten in Deutschland ist 45 Jahre, in Italien hingegen 63.
  2. Zeitpunkt und Ort erster Infektionen
    Italien war besonders früh von der Pandemie betroffen. Als dort im Januar die ersten Fälle auftraten, waren Politik, Medizin und Wissenschaft dementsprechend unerfahren mit dem Virus. Zudem ist besonders der wirtschaftlich starke Norden Italiens betroffen. Berufspendler konnten das Virus also schnell weitertragen.
  3. Unterschiedliche Zählungen
    Anders als in Deutschland testet Italien generell Todesfälle auf das Corona-Virus. Das führt dazu, dass der Anteil in der italienischen Statistik stärker ansteigt als in anderen Ländern. Italien ist auch sehr konsequent, was die Zählweise der Toten betrifft: Ein Todesfall wird dem Virus zugeschrieben, unabhängig von Vorerkrankungen und unabhängig davon, ob es den Tod verursacht oder nur beschleunigt hat.

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  4. Gesundheitssystem
    Die Zahl der Krankenhausbetten und Intensivbetten variiert von Land zu Land stark. In Italien stehen beispielsweise  pro 100.000 Einwohner 12,5 Betten zur Verfügung, in China 3,6, in Deutschland sind es 29,2.  Allerdings sagt diese Zahl nicht alleine aus, wie gut ein Patient versorgt werden kann. Auch die Zahl des Pflegepersonals spielt dabei eine wichtige Rolle: In Italien haben sich über 2000 Krankenhausmitarbeiter mit dem Virus infiziert und fallen somit als Pflegepersonal aus.
  5. Tests
    Der Anteil Älterer bei den durch das Corona-Virus verstorbenen Menschen ist, wie oben beschrieben, in Italien besonders hoch. Das heißt, dort werden vor allem Ältere getestet, also die, die generell anfälliger sind, schwer an Covid-19 zu erkranken.  Laut WHO testet Deutschland konsequenter und schließt somit auch mild verlaufende Fälle ein. Der Anteil der Verstorbenen ist dadurch geringer.
  6. Form des Zusammenlebens
    Für niemanden ist es neu, dass in Italien das Leben viel auf den Straßen stattfindet und oft mehrere Generationen zusammen in einem Haushalt leben. Was sonst ein Gefühl der Gemeinschaft und des Zusammenhalts ist, kann in der Corona-Krise gefährlich werden - vor allem für Ältere. Denn diese können nicht richtig isoliert werden, sind in engem Kontakt mit ihrer Familie. Für das Virus ist es so ein leichtes, ein altes und geschwächtes Immunsystem zu befallen.

Auch die deutsche Bevölkerung ist überdurchschnittlich alt, jedoch erkranken bei uns häufiger jüngere Patienten.