Aussteiger leistet Bildungshilfe in Indien
Autor: Tobias Köpplinger
Hösbach, Montag, 04. März 2013
Himalaya statt Staatsdienst: Der Lehrer Ludwig Grill aus Hösbach hat sich für zwei Jahre beurlauben lassen, um zu unterrichten. In einem kleinen indischen Dorf baut er ein Bildungszentrum auf und sorgt dafür, dass die Spenden ankommen.
Zwei Klicks, dann hat Ludwig Grill das Bild gefunden: Drei Brüder, sitzend, alle sechs, sieben Jahre alt. Vor den Kindern stehen Blechbecher, auf dem Boden liegen Bananenblätter, darauf Reishäufchen. "Das kannst du verkaufen, dann spenden die Leute", sagt Ludwig Grill. Für Waisen. Für Schulen. Für Kinder. Und dann? Ludwig Grill klickt weiter. Computer, Hefte, junge Frauen.
"Wir nehmen sie erst, wenn sie über die normale Schule raus sind." Grill ist Berufsschullehrer. Er hat sich beurlauben lassen, um zu unterrichten. In Indien, im Himalaya, im Dorf Rakka. Dort bildet der Verein Dreamlearn Foundation junge Frauen zu Kosmetikerinnen aus und gibt Computerkurse - finanziert von vielleicht 30 Spendern in Deutschland.
Direkte Hilfe im kleinen Rahmen
Ludwig Grill klickt wieder: Zum Beispiel Rukmani: 28 Jahre alt, dunkle Haare, bunte Kleider.
Der Verein hat ein Bild von Rukmani auf seine Internetseite gestellt, dazu ihre Geschichte. "Die Leute müssen sehen, dass es die Menschen in Indien wirklich gibt, für die sie Spenden", sagt Ludwig Grill. Im kleinen Rahmen funktioniert das. Etwa 5000 Euro hat der Verein im Jahr zur Verfügung, für drei Projekte: die Kosmetikerinnen, Computerunterricht und ein fahrendes Klassenzimmer.
Spenden braucht Vertrauen. Insgesamt spendeten die Deutschen 2011 4,6 Milliarden Euro. Das hat der Deutsche Spendenrat ermittelt. Neuere Zahlen rückt Geschäftsführerin Daniela Felser noch nicht heraus. Sie sagt, Spenden funktioniert immer ähnlich: "Persönlich adressierte Briefe sind ein wichtiger Spenden-Motivator." Dazu kommen Kollekten, Unglücke, Informationen über geplante Projekte. Die großen Organisationen zertifiziert das Deutsche Zentralinstitut für Soziale Fragen in Berlin. Sie bekommen das Spendensiegel, wenn der Anteil der Werbungs- und Verwaltungskosten höchstens 30 Prozent von den Gesamtausgaben beträgt. Christel Neff, die Sprecherin, sagt: "Das kann als Orientierung dienen, wenn die Spender ein anonymeres Publikum sind." Zum Beispiel die SOS-Kinderdörfer: 130 Einrichtungen in 44 Ländern mit 117 Millionen Euro Spenden 2011. Ausgaben für die Verwaltung: 11,88 Prozent. Das Spendensiegel steht gleich am Anfang der Seite.
Für die Dreamlearn Foundation kommt das Siegel nicht in Frage: zu klein, für die Zertifizierung braucht es mindestens 25 000 Euro Spenden im Jahr. Ludwig Grill sagt, sie werben anders für Vertrauen: mit Schirmherren wie Gerhard Eck (CSU). Der Landtagsabgeordnete und Innenstaatssekretär sagt, er unterstütze den Verein, weil er die Lehrer kenne. Und weil er sich informiert habe. "Wir sind ein stabiles, reiches Land, und wenn sich jemand dort engagiert, dann sollte man das unterstützen", sagt Eck.
Zwei Klassenzimmer mit richtigen Tafeln
Wie um das zu untermauern, zieht Grill einen blauen Ordner aus dem Regal. Die Abrechnung 2012. Darin: Rechnungen, Belege, Kostenaufstellungen. Er fährt mit dem Finger eine der Linien entlang. Verwaltungsausgaben acht Prozent. Im Vorjahr fünf, davor gar nichts. Eingereicht beim Finanzamt am 16. Februar, zurückbekommen am 20. Februar. Scheint alles zu passen. Grill sagt, zusammengerechnet habe er jetzt ungefähr sechs Jahre in Indien verbracht. 2007 kam die Idee, einen Verein zu gründen. Grill studierte damals an der Uni Bamberg Wirtschaftspädagogik, zusammen mit anderen Studenten kam die Idee: ein Ausbildungsprojekt. Erst ganz im Süden, IT-Schulungen zusammen mit einer österreichischen Organisation.
Dann ein fahrendes Klassenzimmer, zusammen mit einer indischen Organisation. Und jetzt die Kosmetikerinnen. Vor kurzem hat der Verein ein größeres Haus angemietet. Zwei Klassenzimmer, richtige Tafeln, ein Lernzentrum. Zwei junge Frauen geben die Computerkurse, die Finanzierung ist gesichert. "Irgendwann muss das auch ohne mich weitergehen", sagt Ludwig Grill. Irgendwann.