Pro & Contra: Fifa bekommt ihre Mega-WM
Autor: Peter Groscurth, Christian Holhut
Bamberg, Dienstag, 10. Januar 2017
Die XXL-WM ist beschlossene Sache. Bei der WM 2026 erhöht sich die Teilnehmerzahl von 32 auf 48 Teams. Ein Pro und Contra aus der inFranken.de-Redaktion.
Bei der Fußball-Weltmeisterschaft 2026 werden erstmals 48 statt der bislang 32 Mannschaften um den Titel spielen, entschied der FIFA-Rat am Dienstag in Zürich. Aus Deutschland kam im Vorfeld viel Kritik an der Mammut-WM. Mehr Mannschaften, mehr Gruppen, mehr Spiele - das neue Turnier-System ist umstritten.
Pro: Die Milliarden-Logik der Fifa-Bosse
Peter GroscurthDer deutsche Fußball ist entsetzt. Die Manager der Profi-Vereine wettern gegen die sogenannte Bläh-WM der Fifa. Dabei ist der Aufschrei mehr als heuchlerisch. Das Abkassieren mit dem runden Leder ist schließlich keine Erfindung des Weltfußball-Verbandes. Millionen-Gehälter, Phantastillionen für Spielertransfers sowie Lug und Korruption bei Turniervergaben sind an der Tagesordnung.
Vor fast genau einem Jahr schwärmte zudem Bayern-Boss Karl-Heinz Rummenigge des Geldes wegen über eine Europaliga mit 20 Top-Teams des Kontinents. Vehement forderte und fordert er immer mehr Kohle aus der TV-Vermarktung. Rummenigge verweist dabei immer auf England, wo die Vereine aberwitzig viel Kapital haben und zusammen mit dem Neureichen China Spieler horten, was das Zeug hält. Nutznießer davon sind auch unsere deutschen Ligavereine. Mittelmäßige Kicker wechseln derzeit für gutes Geld die Teams und sorgen so für freudige Mienen bei den Managern. Die Fans verlieren da rasch den Überblick, wer gerade auf dem Feld kickt, wer um Vertragsauflösung bittet oder gar schon die Mannschaft verlassen hat.
Fußball hat schon lange seine Seele verloren. Die Stadien in der Bundesliga sind optimiert - und zwar in Sachen Abkassieren. Schlange stehen am Bierzapfhahn darf nicht länger als zehn Minuten dauern, Stehplatzkarten sind auch nicht mehr günstig. Jedes Team verramscht Vereins-Klamotten oder anderen Mist im Online-Shop. Hauptsache, die Kohle stimmt. Bei Kritik an dieser Abzocke wird immer auf die anderen gezeigt, die mehr Kohle auf dem Konto haben. Die Fifa macht bei diesem Milliarden-Geschäft keine Ausnahme. Die Entscheidung der Verantwortlichen ist daher nur konsequent. Sie befriedigen dadurch einfach nur die immense Nachfrage nach Fußball. Erst, wenn die sinkt, und die Zuschauer sich gelangweilt abwenden, wird ein Umdenken stattfinden. Wenn überhaupt.
Contra: Weiter geht's in die Belanglosigkeit
Christian HolhutWer Gianni Infantinos Agieren in Sachen Fußball-WM gut heißt, dem kann Joseph Blatters Gebaren nicht fremd sein. Es mag nicht mehr kriminell sein - dass aber ausschließlich Machterhalt und Profitgier im Zentrum allen Fifa-Handelns stehen, nicht aber der Fußball, steht außer Frage.
Eine Bereicherung für den Fußball? Mehr Begeisterung in noch mehr Ländern? Nicht länger nur die Besten unter sich? Machen wir uns nichts vor: Ein Teil der drögen Qualifikationsspiele, die wir als Fußballnation alle zwei Jahre über uns ergehen lassen müssen, die nicht einmal mehr den Fanclub der DFB-Elf vor den Fernseher, geschweige denn auf Fan-Meilen oder ins Stadion locken, wandert künftig gemütlich in die Endrunde. Gibraltar lässt grüßen?
Was aber erwarten die Fußball-Fans von eben dieser Endrunde? Genau: Sie wollen die besten Teams und Spieler der Welt im Wettkampf sehen. Um den Außenseiter überraschen zu lassen, braucht es in einem Turnier doch keine 50 Prozent mehr Mannschaften, sondern Kämpferherz und die richtigen Leute zur richtigen Zeit am richtigen Ort. Legenden und Wunder entstehen aus Leidenschaft, nicht aus politischem und wirtschaftlichen Kalkül. Island lässt grüßen!
Die Quittung für eine Aufstockung der Teilnehmerzahl wird folgen, und damit ist nicht nur die Verwässerung der Akzeptanz gemeint: Die Ausweitung der wichtigsten Turniere um Spielchen belangloser Teams - und die damit einhergehende zeitliche und sportliche Mehrbelastung der teuren Kicker - wird mit einer weiteren sportlichen Degradierung von Testspielen und Wettbewerben wie dem Confed-Cup einher gehen. Klar, vielleicht ist es ja gar nicht zu bedauern, dass B-Turniere zu Aufeinandertreffen der Zweit-Mannschaften verkommen. Wohl aber ist ärgerlich, dass das "Spektakel Endrunde" weiter an Wert verliert - und zwar sowohl für die Teilnehmer als auch die Fans.