Folgenreiches Fußball-Urteil: FIFA-Transferregeln verstoßen gegen EU-Recht
Autor: Stefan Lutter, Agentur dpa
Luxemburg, Samstag, 05. Oktober 2024
In der Auseinandersetzung um die Transferbestimmungen für Fußballspieler hat die FIFA vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) eine Niederlage hinnehmen müssen. Laut dem Gerichtsbeschluss verstoßen einige der Regeln gegen EU-Recht.
Die FIFA steht vor einem herben Rückschlag in Bezug auf ihre Transferregelungen, nachdem das höchste europäische Gericht entschieden hat, dass bestimmte dieser Vorschriften gegen "Unionsrecht verstoßen". Die Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) in Luxemburg vom Freitag, 4. Oktober 2024, könnte den Transfermarkt nachhaltig beeinflussen.
Die vom EU-Recht zugesicherte Freizügigkeit der Spieler sowie der Wettbewerb zwischen den Vereinen werden durch die betroffenen Regeln, die Gegenstand der EuGH-Verhandlung waren, eingeschränkt, heißt es in der Begründung des Gerichtshofs. Eine Stellungnahme des Weltfußballverbandes FIFA steht noch aus.
Fußball-Transfers: Ex-Spieler verklagt FIFA - und bekommt Recht
Auslöser für den Streit um die Transfervorschriften ist eine Klage des früheren französischen Fußballspielers Lassana Diarra, der während seiner Karriere unter anderem beim FC Chelsea, dem FC Arsenal, Real Madrid und Paris Saint-Germain aktiv war. 2012 heuerte er beim russischen Klub Anzhi Makhachkala an, 2013 wurde er von Lokomotive Moskau aus Russland verpflichtet. Nach nur einem Jahr entbrannte ein Streit um Gehaltszahlungen, woraufhin der Moskauer Verein den Vertrag auflöste und eine Kompensationszahlung wegen der gezahlten Ablöse verlangte.
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Der Spieler forderte seinerseits eine Entschädigung und klagte auf ausstehende Gehälter. Der Franzose gab an, dass es aufgrund der Situation schwierig sei, einen neuen Verein zu finden. Nach FIFA-Regeln haften sowohl der Spieler als auch der neue Verein für eine Entschädigung, wenn der Vertrag nicht aus einem berechtigten Grund aufgelöst wurde.
Diarra konnte aus diesem Grund keinen Vertrag mit dem belgischen Klub Sporting du Pays de Charleroi abschließen. Daraufhin verklagte er die FIFA und den belgischen Fußballverband auf Schadenersatz und Verdienstausfall in Höhe von sechs Millionen Euro. Der heute 39-Jährige argumentierte, dass die FIFA-Transferregeln gegen EU-rechtliche Vorschriften zur Freizügigkeit und zum Wettbewerb verstoßen.
EuGH: Bestimmungen verstoßen gegen das Unionsrecht
Der Fall wurde dann dem EuGH vorgelegt. Die Richter stellten fest, dass die FIFA-Regeln über das Ziel hinausschießen und die Sportler sowie Vereine "mit erheblichen rechtlichen, unvorhersehbaren und potenziell sehr großen finanziellen sowie ausgeprägten sportlichen Risiken" belasten, wie es in einer Pressemitteilung des Gerichts zum Urteil hieß. Einige Regeln könnten zwar gerechtfertigt sein, um eine gewisse Beständigkeit in den Mannschaften zu gewährleisten, jedoch gehen die hier diskutierten Regeln darüber hinaus. So seien "die fraglichen Bestimmungen geeignet, die Freizügigkeit von Berufsfußballspielern zu behindern".
Die fraglichen Regeln - das "FIFA-Reglement bezüglich Status und Transfer von Spielern" (RSTP) - sei von der Fédération Internationale de Football Association (FIFA) erlassen, einem auf weltweiter Ebene für die Organisation von Fußballwettbewerben zuständigen Verband so der EuGH. "Indem das RSTP für Vereine die Möglichkeit der Verpflichtung von Spielern einschränke, beeinträchtige es zwangsläufig den Wettbewerb zwischen Vereinen auf dem Markt für die Verpflichtung von Berufsspielern", hieß es bereits in den Schlussplädoyers im April.