Die Bahn hat nicht den besten Ruf in Deutschland - Verspätungen, Zugausfälle und überfüllte Wagons sind an der Tagesordnung. Nun steht der Beförderer auch international in der Kritik. Denn nicht einmal zur EM läuft der Schienenverkehr reibungslos.
Besonders heftig erwischte es österreichische Fans, die in der vorigen Woche zum EM-Auftakt ihrer Auswahl gegen Vizeweltmeister Frankreich (0:1) mit dem Zug anreisten. Sie bekamen mit voller Wucht die Bahn-Probleme zu spüren, mit denen Reisende in Deutschland tagtäglich konfrontiert sind.
Die Kronen-Zeitung erzählte die Geschichte von einem Vater, der mit dem Sohn frühmorgens in Wien losfuhr, dann in Passau und Würzburg strandete, zwischendurch auf Taxi und Bus ausweichen musste und schließlich erst mit mehrstündiger Verspätung im Stadion von Düsseldorf ankam. Als die beiden ihre Plätze erreichten, waren schon 70 Minuten gespielt. "Es war alles wie verhext", sagte der Wiener.
Ausländische Fans entsetzt - Bahn sorgt für anhaltende Kritik
Auch andere Fangruppen klagten, darunter etwa eine Vereinigung von schottischen Anhängern (Atac). Deutschland habe sie als Gastgeber zwar herzlich willkommen geheißen, schrieb Atac in einem Facebook-Eintrag. Mit dem öffentlichen Verkehr aber habe man "schlechte Erfahrungen" gemacht. Die Züge in München und Köln seien "unzuverlässig und glühend heiß" gewesen und darüber hinaus über jede Art von Limit mit Fahrgästen vollstopft worden.
Zur angeblichen deutschen Effizienz schrieb ein Reporter der renommierten New York Times schon nach den ersten EM-Tagen als Hinweis an die Leser: "Vergessen Sie alles, was Sie meinten zu wissen". In dem Artikel wurde dann vor allem von verstopften U-Bahnen in München vor dem Eröffnungsspiel und stundenlangem Warten auf Gelsenkirchener Bahnsteigen referiert. Negativ aufgefallen seien zudem die Organisation der Fußwege an den Stadien und die deshalb langen Schlangen beim Einlass.
Die New York Times war nicht das einzige ausländische Medium, das sich auf derartige Pannen stürzte. Die englische Daily Mail etwa berichtete von "entsetzlichen Szenen", als tausende Fans nach der Partie England gegen Serbien am frühen Morgen stundenlang auf Trambahnen warten mussten, die sie vom Schalker Stadion in Richtung Hotels brachten.
Bahn-Chaos in der internationalen Presse - "Vergessen Sie alles, was Sie meinten zu wissen"
Wohl prominentestes Opfer der Bahn-Verspätungen ist Philipp Lahm. Der Weltmeister von 2014 und jetzige EM-Orga-Chef hatte es vergangenen Freitag nicht rechtzeitig zum Anpfiff der EM-Begegnung zwischen der Ukraine und der Slowakei (2:1) ins Düsseldorfer Stadion geschafft. "Mich hat es auch getroffen, das ist sehr bitter, dass man zu spät kommt, aber das passiert", sagte Lahm am Sonntagabend in der ARD - nahm die Verspätung insgesamt aber gelassen. Mittlerweile ist er auch wieder mit den Zügen der DB zu EM-Terminen unterwegs.
Zu den generellen Problemen der Bahn sagte der 40-Jährige jedoch, da hätten alle "als Land" in der Vergangenheit "ein bisschen was versäumt". Die Gesellschaft verändere sich, das Transportmittel auch. "Deshalb müssen wir uns immer wieder anpassen", sagte Lahm. Insgesamt sei das Organisationsteam mit den ersten EM-Tagen sehr zufrieden. Es gebe immer Dinge, die verbessert werden könnten, sagte Lahm, das sei an manchen Standorten auch schon geschehen.