Wohnkostenreport zeigt: In 2023 besser keine Immobilie kaufen?
Autor: Klaus Heimann
Deutschland, Mittwoch, 05. Juli 2023
Diese Frage beschäftigt viele: Soll ich eine Wohnung oder ein Haus kaufen? Eine Studie des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) liefert jetzt die Fakten für deine Entscheidung.
- Kostenvorteile von eigenen Immobilien schmelzen
- Zinsschock verändert den Immobilienmarkt
- Sinken die Hypothekenzinsen wieder?
- Welcher Typ bist du: Mieter*in oder Eigentümer*in?
Soll ich eine Immobilie kaufen oder mieten? Diese Frage stellen sich viele und sie ist auch alles andere als neu. Und doch: Sie stellt sich immer wieder neu, weil der Markt sich verändert und damit die Konditionen. Gerade in den letzten 18 Monaten haben sich die Vorzeichen auf dem Immobilienmarkt dramatisch verändert. Die Eingangsfrage zu beantworten, ist also gar nicht so einfach. Deshalb ist es ausgesprochen nützlich, dass jetzt das Institut der deutschen Wirtschaft (IW) in Köln im Auftrag der Immobilienfirma Accentro in Berlin den Wohnkostenreport 2023 für Deutschland vorlegt. Wir haben ihn genauer unter die Lupe genommen. Willst du den Report in voller Länge lesen, kannst du ihn auf der Online-Seite des IW downloaden. Das funktioniert aber nur bei gleichzeitiger Registrierung bei der Firma Accentro, die auf diese Weise Immobilien-Interessenten sammelt.
Kostenvorteile von eigenen Immobilien schmelzen
Da kaum jemand eine Immobilie mal so aus dem Handgelenk bezahlt und die meisten einen Kredit aufnehmen müssen, ist die Zinsentwicklung ein entscheidender Parameter. Ein zentrales Entscheidungskriterium ist außerdem die Frage, ob die Wohnung oder das Haus für die Eigennutzung oder als Kapitalanlage gedacht ist. Ein weiterer Faktor ist die Lage: Liegt die Wohnung oder das Haus in der Metropole oder auf dem Land? Diese drei Rahmenbedingungen bestimmen maßgeblich den Mietpreis oder die Kosten für die Selbstnutzung.
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Bevor die Autoren Prof. Michael Voigtländer und Pekka Sagner vom IW die Frage beantworten, ob sich der Immobilienkauf aktuell lohnt, ist ihr erster Arbeitsschritt ein anderer. Sie wollten zunächst wissen, in welcher Variante Wohnen am preiswertesten ist: als Eigentümer*in und Selbstnutzer*in in der eigenen Immobilie oder als Mieter*in mit einem Neuvertrag? Viele Jahre, genauer bis 2021, fiel die Antwort eindeutig aus: der Kostenvorteil von Immobilien-Kaufenden gegenüber Mietenden mit einem neuen Vertrag (also keine Bestandsmieten), lag bei rund 60 %. Eigentumsbesitzende hatten in allen Regionen also die Nase weit vorn.
Vor allem der unerwartet starke Zinsanstieg bei den Hypotheken sorgte dafür, dass die Lücke bei den Kostenunterschieden sich immer mehr schloss. Selbstnutzer hatten bereits 2022 mit 10,04 Euro pro Monat und Quadratmeter mehr als das Doppelte zahlen müssen als im Vorjahr (4,23 Euro). Dennoch lebten Selbstnutzer im vergangenen Jahr in 328 der 401 deutschen Landkreise und kreisfreien Städten in ihren eigenen Immobilien immer noch günstiger als Mieter, darunter selbst in vier der sieben Metropolen. Sie bezahlten im Schnitt 10,04 Euro pro Quadratmeter und Monat gegenüber Neuvertragsmieten für vergleichbare Wohnungen von 10,90 Euro je Quadratmeter. Der Kostenvorteil lag also im Schnitt immer noch bei 8,0 %, so die Analyse.
Zinsschock verändert den Immobilienmarkt
Das hat sich allerdings in diesem Jahr weiter verändert. Das Datenmodell des IW rechnete für 2022 mit einem Zins von nur 2,65 % im Jahresschnitt für einen Immobilien-Kredit mit zehn Jahren Zinsbindung. Aktuell liegen die Zinsen aber deutlich höher (ca. 4,20 %). Weil ein Zinssatz von 2,65 % nicht annähernd die Zinsrealität abbildet, legte das IW für 2023 eine weitere Rechnung vor.
Das zweite Rechenmodell operierte mit einem Zinssatz von 3,7 %. Ergebnis: Die Kosten für Selbstnutzende liegen in 300 von 401 untersuchten Regionen höher als die Mieten für Neuverträge. Günstig sei Kaufen weiterhin nur in abgelegenen, ländlichen Regionen, heißt es in der Studie. Damit ist klar: Bei Hypothekenzinsen von 3,7 % oder mehr sind die Kostenvorteile für die eigen genutzte Immobilie endgültig passé. Für zwei Drittel der Immobilien-Eigentümer*innen wäre eine Mietwohnung kostengünstiger.