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Mietrecht: Darf der Kinderwagen im Treppenhaus stehen?


Autor: Klaus Heimann

Deutschland, Mittwoch, 31. August 2022

Kinderwagen stehen häufig im Treppenhaus. Ist das vom Mietrecht gedeckt? Was ist beim Abstellen von Kinderwägen zu beachten?
Kinderwagen dürfen im Hausflur stehen.


  • Kein Abstellverbot für Kinderwagen im Hausflur
  • Klausel im Mietvertrag und Hausordnung ist rechtswidrig
  • Kinderwagen anketten geht nicht

Hausordnungen oder Mietverträge sehen oftmals ein Abstellverbot von Kinderwagen im Hausflur von Mehrfamilienhäusern vor. Das bringt Eltern in Not, insbesondere wenn es keinen Fahrstuhl gibt, mit dem sie den Kinderwagen bis zur Wohnung transportieren können. Einzige Möglichkeit: Der Wagen bleibt im Eingangsbereich oder im Flur. Diese Parkvariante hat vielfach die Gerichte beschäftigt. Inzwischen ist die Sache aber klar. 

Kein Abstellverbot für Kinderwagen im Hausflur

Die Gerichte springen, bei Beschwerden oder Klagen über die Entfernung des Kinderwagens, den Eltern bei. Ein generelles Verbot, einen Kinderwagen im Treppenhaus oder Hausflur abzustellen, ist nicht zulässig. Mieter*innen sind berechtigt, den Kinderwagen im Treppenhaus abzustellen, wenn es keine andere Möglichkeit gibt, so die Grundsatzentscheidung des Bundesgerichtshofs (BGH, vom 10.11.2006, Az.: V ZR 46/06). Meistens ist der Transport des Wagens in die Wohnung nicht zumutbar. 

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Das Amtsgericht (AG) Düsseldorf entschied ebenfalls schon im Jahr 2013: Ist der Hausflur zum Abstellen eines Kinderwagens geeignet und sind die Mieter*innen auf die Abstellmöglichkeit angewiesen, kann der Vermietende das Abstellen nicht untersagen (Urteil vom 27.3.2013, Az.: 22 C 15963/12). Und das war der Fall: Die Mietenden einer Wohnung stellten im Hausflur ihren Kinderwagen ab. Damit war die Vermietende nicht einverstanden. Sie verwies auf eine Klausel im Mietvertrag, wonach das Abstellen von Kinderwagen auf Gemeinschaftsflächen nicht erlaubt sei und verlangte die Beseitigung.

Die Mietenden weigerten sich. Ihrer Ansicht nach war ihnen angesichts des fehlenden Fahrstuhls ein Hochschleppen des Kinderwagens in die im 4. Stock liegende Wohnung nicht zuzumuten. Das Gericht in Düsseldorf gab ihnen recht und wies die Klage der Vermietenden ab. Das Abstellen eines Kinderwagens im Hausflur oder auf entsprechende Gemeinschaftsflächen sei vom sogenannten ‚Wohngebrauch‘ umfasst, wenn die Fläche dazu geeignet ist und die Mieter auf diese Abstellmöglichkeit angewiesen sind. 

Klausel im Mietvertrag und Hausordnung ist rechtswidrig

Eine Klausel im Mietvertrag oder Hausordnung, welche das Abstellen des Kinderwagens im Hausflur untersagt, sei nach Auffassung des Amtsgerichts unwirksam, da sie die Mieter*innen unangemessen benachteiligt (§ 307 Abs. 1 Bürgerliches Gesetzbuch, BGB).

Das Gericht berücksichtigte, dass die Mieter*innen auf die Abstellmöglichkeiten angewiesen waren. Es sei ihnen nicht zuzumuten gewesen, den Kinderwagen täglich vom Erdgeschoss bis ins 4. Stock hoch zutragen. Des Weiteren sei eine Unterbringung im Keller angesichts der engen, langen und steilen Treppe ebenfalls nicht möglich. 

Die Zweckbestimmung des Hausflurs sei durch das Abstellen des Kinderwagens nicht unangemessen eingeschränkt. An der engsten Stelle habe ein Platz von 70 cm bestanden. Dies sei ausreichend, damit Personen im Gefahrenfall fliehen können. Hinzu komme, dass es sich bei einem Kinderwagen nicht um ein starres, sondern leicht bewegliches Hindernis handelt.

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Kinderwagen anketten geht nicht

Das Landgericht (LG) Berlin musste über einen Fall befinden, in dem der Wagen nicht nur im Hausflur parkte, sondern zusätzlich noch angekettet war (Urteil vom 15.9.2009, Az.: 63 S 487/08). Die Mieter*innen dürfen zwar weiterhin den Kinderwagen im Treppenhaus abstellen, weil sie einen Anspruch aus der vertraglichen Gebrauchsüberlassung der Mietsache haben. Nicht akzeptabel sei aber, so das Gericht, dass der angekettete Kinderwagen Hauseingangstür und Treppengeländer versperrt.

Das Argument, durch den abgestellten Kinderwagen sei der Brandschutz gefährdet, akzeptierte das Gericht in diesem Fall nicht. Solange die Ordnungsbehörde keine konkrete Verletzung von Brandschutzbestimmungen rüge, sei der Hinweis irrelevant. Grundsätzlich ist der Punkt Brandschutz aber sehr ernst zu nehmen. Die in Fluren abgestellten Gegenstände sind im Notfall gefährliche Hindernisse. Deshalb darf ein Kinderwagen im Treppenhaus den Fluchtweg nicht verstellen oder ihn gar unbenutzbar machen.

Sind Treppenhaus bzw. Flur so eng, dass ein abgestellter Kinderwagen zu einer wesentlichen Behinderung oder ein Brandschutzrisiko ist, darf er dort nur kurz parken, um Kind oder Einkäufe in die Wohnung zu bringen. Über Nacht muss er woanders stehen, so die Entscheidung des Oberlandesgerichts (OLG) Hamm (Urteil vom 3.7.2001, Az.: 15 W 444/00).

Fazit

In Deutschland sind Kinder rar. Das hat damit zu tun, dass unsere Gesellschaft nicht besonders kinderfreundlich ist. Eltern mit Kinderwagen haben so ihre Last im öffentlichen Raum. Deshalb sollte es wenigstens im Haus eine leicht zugängliche Parkmöglichkeit für die Kinderwagen geben. Die Gerichte stehen aufseiten der Eltern.