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Mieterhöhung wegen Inflation: Was Vermieter dürfen - und was nicht


Autor: Lea Mitulla

Berlin, Mittwoch, 08. Juni 2022

Die Inflation macht alles teurer, das merken auch Mieter. Doch nicht nur die Nebenkosten steigen, Mieterhöhungen drohen ebenfalls. Vermieter müssen sich dabei jedoch an gewisse Regeln halten - womit müssen Mieter jetzt rechnen?
Aufgrund der hohen Inflationsrate werden voraussichtlich auch die Mieten teurer werden. Worauf sich Mieter jetzt einstellen müssen.


Die derzeit hohen Energiepreise haben zunächst die Nebenkosten in die Höhe schnellen lassen - und jetzt sind auch die Mietpreise an sich dran. Erst kürzlich hat Deutschlands größter Wohnungskonzern Vonovia eine deutliche Mieterhöhung angekündigt. "Wenn die Inflation dauerhaft bei vier Prozent liegt, müssen auch die Mieten künftig jährlich dementsprechend ansteigen", so Vorstandsvorsitz Rolf Buch im Gespräch mit dem Handelsblatt. Das Unternehmen wird mit dieser Maßnahme wahrscheinlich nicht alleine sein. Doch Vermieter müssen sich bei der Erhöhung der Mietpreise an gewisse Regeln halten.

Je nach Mietvertrag gelten andere Bestimmungen für steigende Mieten. Nach üblichen Mietverträgen darf die Miete derzeit höchstens um 20 Prozent in drei Jahren steigen, in Städten mit Wohnungsmangel um 15 Prozent. In Bayern zählen dazu im Grunde alle größeren Städte, zum Beispiel München, Nürnberg, Bamberg und Erlangen. SPD, Grüne und FDP haben im Koalitionsvertrag vereinbart, diesen Wert auf 11 Prozent zu senken. Bislang wurde dazu aber noch nichts beschlossen. Angesichts der aktuellen Lage drängt der Mieterbund auf noch strengere Vorgaben, um die Haushalte zu entlasten.

Steigende Mieten wegen Inflation: Was ist erlaubt und was nicht?

"Wir brauchen Begrenzungswerkzeuge. Die Ampel-Koalition muss endlich ihr angekündigtes Vorhaben, die Kappungsgrenze von 15 auf 11 Prozent abzusenken, umsetzen", sagte der Präsident des Deutschen Mieterbundes (DMB), Lukas Siebenkotten, den Zeitungen der Funke Mediengruppe. Doch auch den Zielwert von 11 Prozent sieht der Verband kritisch. "Selbst damit wäre sie aber noch viel zu hoch", bekräftigte der Mieterbund-Präsident frühere Kritik.

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Die zulässige Mieterhöhung in angespannten Wohnungsmärkten sollte maximal sechs Prozent in drei Jahren betragen. Siebenkotten fürchtet, dass nun vor allem große Vermieter den möglichen Spielraum für Mieterhöhungen nutzen. Er appellierte an Vermieter, das Gespräch mit Mietern zu suchen.

Neben der 15-Prozent-Grenze spielt bei den Erhöhungen zudem der Mietspiegel eine wichtige Rolle. Der Mietspiegel gibt die ortsübliche Durchschnittsmiete an und variiert je nach Lage und Größe der Wohnung. Er ist die Obergrenze für Mieterhöhungen. Vermieter dürfen also die Mieten in drei Jahren um 15 Prozent steigen lassen, dabei aber niemals den Mietspiegel überschreiten. Den jeweiligen Wert kann man in der Regel auf der Seite der jeweiligen Gemeinde einsehen.

Mietspiegel und Mietpreisbremse: Das müssen Mieter wissen

Doch auch der Mietspiegel wird künftig nach oben gehen. In München zum Beispiel liegt die Vergleichsmiete laut Immowelt schon jetzt im Schnitt bei 18,50 Euro pro Quadratmeter. In der Neuausgabe im März/April 2023 dürfte er aber viel höher liegen, wie der Sprecher des Münchner Mietervereins, Volker Raststätter, im BR sagte. Diese Entwicklung ist auch in anderen Städten zu erwarten.

Und was ist mit der viel diskutierten Mietpreisbremse? Diese Obergrenze gilt nur für Neu- oder Wiedervermietungen in Städten mit angespannten Wohnungsmärkten. Dabei darf der Mietpreis maximal zehn Prozent über dem Mietspiegel liegen - mit einigen Ausnahmen. Lag die Miete zum Beispiel bereits beim Vormieter über dem Mietspiegel, greift die Mietpreisbremse nicht. Gleiches gilt, wenn die Wohnung im Zuge des Mieterwechsels modernisiert oder noch beim Vormieter modernisiert wurde, ohne dass der Vermieter eine "Modernisierungsmieterhöhung" erhoben hat. Wohnungen, die nach dem Oktober 2014 erstmals vermietet wurden, sind ebenfalls nicht von der Regelung betroffen sowie Wohnungen, die so umfassend renoviert wurden, dass es fast einem Neubau gleichkommt.

Grundsätzlich gilt für Mieterhöhungen: Der Vermieter muss die Erhöhung bei den Mietern schriftlich ankündigen. In der Regel ist anschließend vonseiten der Mieter keine Zustimmung notwendig. Das ist nur der Fall, wenn die Miete auf die ortsübliche Vergleichsmiete angehoben wird. Einem Urteil des Bundesgerichtshofs von 2018 zufolge, reicht es dabei aber aus, folglich den höheren Betrag zu zahlen. "Vermieter haben keinen Anspruch auf eine schriftliche Zustimmung. Die Zustimmung zur Mieterhöhung durch schlüssiges Verhalten, das heißt Zahlung der geforderten Mieterhöhung, reicht völlig aus", so das Gericht.

Problemfall Indexmiete: Inflation kann für extremen Anstieg sorgen

Stimmt der Mieter, egal in welcher Form, nicht innerhalb der Überlegungsfrist zu, kommt es zum Streitfall. Der Vermieter muss die Mieterhöhung notfalls vor Gericht einklagen und nachweisen, dass die Preisanpassung berechtigt ist. Eine außerordentliche Mieterhöhung über den Mietspiegel hinaus wäre übrigens alleine aufgrund der Inflation nicht zulässig.

Bei Staffel- oder Indexmietverträgen sind die Regeln etwas anders. Bei einem Staffel-Mietvertrag darf die Miete ebenfalls maximal bis zum Mietspiegel steigen. Die Erhöhungen sind bei dieser Art des Vertrags - wie der Namen bereits sagt - gestaffelt und im Vertrag vorab festgelegt. Eine Zustimmung zur Erhöhung vonseiten der Mieter ist also nicht notwendig. Staffel-Mietverträge sind jedoch seit der Jahrhundertwende immer mehr zum Auslaufmodell geworden. Fachleute raten davon ab, da die Art des Vertrages häufiger zu Streitfällen führen kann. Außerdem lassen sich Mieterhöhungen für die Zukunft schwer berechnen.

Indexmietverträge sind wohl am härtesten von der Inflation betroffen, denn sie sind direkt daran gekoppelt. Im Vertrag ist festgelegt, dass sich die Höhe der Miete nach dem "Preisindex für die Lebenshaltung privater Haushalte in Deutschland" ausrichtet. Kurz gesagt also nach der Inflationsrate. Eine Obergrenze für die Mieterhöhungen gibt es dabei nicht. Einzig der Zeitraum ist begrenzt: Die Miete muss für mindestens ein Jahr unverändert bleiben, bevor sie wieder gesteigert werden darf. Das Vertragsmodell ist in den vergangenen Jahren immer beliebter geworden.

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Mieterverein fordert: Kappungsgrenze auch für Indexmietverträge

Der Mieterverein Hamburg hat laut Süddeutscher Zeitung (SZ) einen "signifikanten Anstieg der Indexmieten" festgestellt. Inzwischen würde etwa die Hälfte der neuen Verträge eine entsprechende Klausel enthalten. Der Eigentümer-Verband Haus und Grund München spricht sogar von 60 bis 70 Prozent der Neuverträge im Großraum München. Der Verband vertritt eigenen Angaben zufolge die Vermieter von 400.000 Wohnungen in der Region. "Etwa 40 Prozent von ihnen sind inzwischen über Indexverträge vergeben", so der Verbands-Vorsitzende Rudolf Stürzer im Gespräch mit der SZ.

Die Indexmiete ist zum einen gut für die Vermieter, wie Stürzer bestätigt. Sie sei eine gute Sache, weil sie Streit vermeide. Anders als der Mietspiegel ist der Index klar geregelt und nachvollziehbar. Das Statistische Bundesamt bietet sogar eine Rechenhilfe zur Anpassung von Verträgen gemäß der Inflationsrate an. Zum anderen war die Indexmiete lange Zeit auch für die Mieter gut.

Seit gut zehn Jahren lag der Anstieg des Verbraucherpreisindex beständig unter zwei Prozent. Die Mieten stiegen entsprechend deutlich geringer an. Ein weiterer Vorteil für Mieter: Außerhalb der Anpassung an den Index sind keine Mieterhöhungen möglich. Modernisierungskosten können Vermieter zum Beispiel nicht auf ihre Mieter umlegen, außer sie sind gesetzlich angeordnet. Jetzt wird der Index den Mietern aber zum Verhängnis. Die Inflationsrate liegt derzeit bei mehr als sieben Prozent. Je nachdem, wann die Miete zuletzt erhöht wurde, drohen vielen Mietern somit früher oder später deutlich höhere Kosten. Der Mieterverein schlägt daher laut BR vor, auch die Indexmietverträge bei der Kappungsgrenze miteinzubeziehen, um die Mieten sozial abzufedern.

Zum Weiterlesen: Heizkosten, CO2-Abgabe und Co.: Das müssen Mieter und Vermieter seit 2022 beachten

mit dpa