So soll es möglich sein, die ortsübliche Vergleichsmiete zuverlässiger zu ermitteln – und sorgt dafür, dass Mietspiegel vor Gericht in Zukunft mehr Bestand haben. In der Vergangenheit hatten Gerichte immer wieder kommunale Mietspiegel kritisiert, weil sie einer Nachprüfung nicht standhielten. In der neuen Mietspiegelverordnung (MsV) sind jetzt die gesetzlichen Mindeststandards festgelegt und dadurch soll mehr Rechtssicherheit einziehen.
Unterschied qualifizierter und einfacher Mietspiegel
Trotzdem, der einfache Mietspiegel bleibt: Das hat vor allem Vorteile für finanziell schwach aufgestellte Kommunen, die nur ein begrenztes Budget zur Verfügung haben. Der einfache Mietspiegel ist wesentlich kostengünstiger in der Erstellung. Er bietet nur eine Übersicht über die ortsüblichen Vergleichsmieten. Üblicherweise erstellt ihn die Gemeinde oder Interessenvertreter von Vermietenden und Mietenden
Ob er für eine Mieterhöhung heranzuziehen ist, bleibt letztlich Ermessenssache des Gerichts. Einfache Mietspiegel bleiben in ihrer Verbindlichkeit und in ihrer Wirkung begrenzt.
Deshalb sollten die Kommunen ambitionierte Maßstäbe an die Qualität anlegen. Der qualifizierte Mietspiegel basiert auf anerkannten wissenschaftlichen Grundsätzen und einer verbindlichen rechtlichen Grundlage, wie sie jetzt besteht. Er wird alle zwei Jahre der aktuellen Marktentwicklung angepasst und alle vier Jahre komplett neu erstellt.
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Auskunftspflicht für Mietende und Vermietende, Behörden können Daten liefern
Bisher entstanden die Daten für die Erstellung von Mietspiegeln durch Umfragen auf freiwilliger Basis - das ist jetzt anders. Damit es nicht nur Zufall ist, wer gerade bei der Umfrage ausgewählt ist und sich beteiligt, gibt es jetzt eine Auskunftspflicht für Mietende und Vermietende. Sie müssen Angaben zum Mietverhältnis, zur Höhe der Miete, zur Ausstattung und zu anderen Merkmalen der Wohnung machen. Tun sie dies nicht, droht ein Bußgeld von bis zu 5.000 Euro.
Und es bleibt dabei, dass Mietspiegel nach zwei Jahren an die Marktentwicklung anzupassen sind und qualifizierte Mietspiegel nach vier Jahren komplett neu erstellt werden müssen. Um an zuverlässige Daten zu kommen, können Behörden jetzt Daten aus ihrem Melderegister nutzen. Hinzu kommen Informationen, die aus Gebäude- und Wohnungszählungen oder die aus der Verwaltung der Grundsteuer bekannt sind. Im Sommer 2022 läuft gerade die Erfassung aller Daten zu den Gebäuden.
Bereits zu Jahresbeginn 2020 verlängerte sich der Erfassungszeitraum für die ortsübliche Vergleichsmiete und damit auch für die Mietspiegel von vier auf sechs Jahre. Damit soll sich der Anstieg bei bestehenden und künftigen Mieten verringern.
Was sagen die Gerichte zum Mietpreisspiegel?
Das Amtsgericht (AG) München (Urteil vom 23.6.2021, Az.: 453 C 22593/20) verurteilte zwei Vermieter aus dem Landkreis Starnberg, ihren Mietern 3.295,44 Euro überbezahlten Mietzins zurückzuzahlen. Zudem stellte es fest, dass die Miete für die Drei-Zimmer-Wohnung (69 qm) in Neuhausen-Nymphenburg um 275 Euro abzusenken ist. Ausschlaggebend für das Urteil ist der herangezogene Mietspiegel.
Die zu Beginn des Mietverhältnisses vereinbarte Miete dürfe zwar die ortsübliche Vergleichsmiete um höchstens 10 Prozent übersteigen. Das Gericht betonte außerdem, dass die Angaben im Mietspiegel nicht pauschal einfach zu übernehmen sind. Immer sei der Einzelfall und der Zustand des konkreten Mietobjekts zur Ermittlung der ortsüblichen Miete zu berücksichtigen. Bei der Ermittlung der ortsüblichen Vergleichsmiete durch den Mietspiegel sei wichtig, dass diese kein feststehender Betrag ist, sondern sich in einer Spannbreite mit oberer und unterer Grenze bewegt.
Ein schriftliches Mieterhöhungsverlangen, das sich durch ein Mietpreischeck von ImmobilienScout24 ergibt, erfüllt allerdings nicht die formalen Anforderungen an einen Mietpreisspiegel und ist daher unwirksam. Dies hat das Amtsgericht (AG) München (Urteil vom 7.3.2018, Az.: 472 C 23258/17) entschieden. Das Internetportal werte lediglich einseitige Preisvorstellungen der Vermieterseite aus, die naturgemäß zu einem höheren Quadratmeterpreis spiegeln, kritisierte das Gericht. Schon 2010 entschied der Bundesgerichtshof (BGH), dass bei einer Mieterhöhung der bloße Verweis auf den Mietspiegel ausreichend ist, wenn dieser allgemein zugänglich ist. Eine geringe Gebühr für die Einsicht musst du als Mieter*in aber in Kauf nehmen. Die Vermieter*innen sind nicht verpflichtet, dich darüber zu informieren, wo du diesen Mietspiegel einsehen kannst (BGH vom 31.8.2010, Az.: VIII ZR 231/09).
Diese Informationen gibt es
Noch mehr Mietende in Deutschland sollen also in Zukunft von einem Mietspiegel profitieren. Bislang gibt 460 Kommunen, die ihren Bewohnenden diesen Service bieten. Hier erfährst du, welche Kommunen das sind. 264 Mietspiegel haben den Status "qualifiziert". Jetzt schon ist der Mietspiegel in Gemeinden mit Mietpreisbremse überdurchschnittlich verbreitet.
Am leichtesten haben es Vermietende und Mietende in den Städten, für die es einen Online-Mietspiegelrechner gibt. Du gibst die Daten deiner Wohnung ein und der Rechner zeigt an, wie viel die Wohnung laut Mietspiegel durchschnittlich kostet. Gibt es den Mietspiegel nur als Text, ist es schwieriger, die ortsübliche Vergleichsmiete herauszufinden.
Manchmal muss ein Gericht entscheiden: Potenzial für Streit bieten Wohnwert erhöhende und Wohnwert vermindernde Merkmale wie moderne Entlüftung, überwiegend schlecht belichtete Wohnräume oder ein aufwendig gestaltetes Wohnumfeld. Da können die Meinungen in der Tat schnell auseinandergehen. Wenn Vermieter*in und Mieter*in sich nicht einigen können, hat das zuständige Gericht das letzte Wort. Vermietende dürfen sich zur Begründung von Mieterhöhungen neben dem Mietspiegel auch auf Mietdatenbanken, Sachverständigengutachten und Vergleichswohnungen beziehen. Was in solchen Fällen geht und nicht geht, ist kompliziert.
Verbände begrüßen den Neuansatz
Mietervereine, wie der in München, begrüßen die Reform: "Es gibt Rechtssicherheit für alle, für Mieter wie Vermieter", so Mieterverein-Geschäftsführer Volker Rastätter gegenüber myHOMEBOOK. "Es ist gut, dass die längst überfällige und von uns lange geforderte Reform des Mietspiegelrechts endlich an Fahrt aufnimmt", kommentiert der Präsident des Deutschen Mieterbundes Lukas Siebenkotten. Der Deutsche Mieterbund begrüßt ausdrücklich, dass jetzt einheitliche Vorgaben zur Erstellung von qualifizierten Mietspiegeln bestehen.
Auch für Vermietende bedeutet die Reform vor allem mehr Rechtssicherheit. Deshalb bewertet der Eigentümer-Verband Haus&Grund sie positiv. "Mietspiegel sind ein gutes Instrument, um die ortsübliche Vergleichsmiete abzubilden, an denen sich Mieter und private Vermieter orientieren können. Sie schaffen Transparenz und tragen somit zur Befriedung der Mietverhältnisse bei", erklärt Inka-Marie Storm gegenüber myHOMEBOOK.
Einzig der Punkt, dass Bußgelder drohen, sollte der Auskunftspflicht nicht nachgekommen werden, sei kritisch zu bewerten. Zwar unterstütze der Verband der Vermieter das Ziel, die Datengrundlage für qualifizierte Mietspiegel zu verbessern, "der beschlossene Bußgeldtatbestand sei aber nicht der richtige Weg", so Chefjustiziarin Storm.
Fazit
Mietspiegeln kommt in der Praxis eine große Bedeutung zu. Die Vorteile liegen auf der Hand: Die Datensammlung listet die Mietpreise von ähnlich ausgestatteten Immobilien einer bestimmten Lage auf. Sie ist deshalb eine wichtige Berechnungsgrundlage, um zu überprüfen, ob eine Mieterhöhung berechtigt ist oder nicht. Willst du dich schlaumachen, ob deine Miete angemessen ist, hilft ein Blick in den örtlichen Mietspiegel.