Wie der Vater so der Sohn? Die Auswirkungen des eigenen Testosteronhaushaltes auf Kinder
Autor: Josefa Reineke
Deutschland, Mittwoch, 29. Juni 2022
Der Testosteronhaushalt von Vätern hängt davon ab, wie stark ihre eigenen Väter an ihrer Beziehung beteiligt waren. Das hat eine Studie aus den USA ergeben.
- Was ist Testosteron?
- Ursachen und Folgen eines niedrigen Testosteronspiegels
- Studie: Das ist der Zusammenhang zwischen Kindeserziehung und Testosteron
Der Apfel fällt nicht weit vom Stamm, sagt man. Das bedeutet, dass Kinder und Eltern sich in ihren Eigenschaften und Interessen ähneln. Ist ja klar, wir bestehen schließlich aus den Genen unserer Eltern. Eine Forschungsgruppe von der University of Notre Dame in Indiana hat jetzt herausgefunden, dass das Verhalten von Vätern auch eine Auswirkung auf den Testosteronhaushalt der Söhne hat. Wenn Männer Vater werden, sinkt ihr Testosteronspiegel. Je stärker sie in die Care-Arbeit involviert sind, desto niedriger ist der Testosteronwert. Väter sollen vor allem dann einen niedrigen Testosteronspiegel aufweisen, wenn schon ihr eigener Vater maßgeblich an der Kindererziehung beteiligt war.
Niedriger Testosteronspiegel: Ursachen und Folgen
Testosteron ist das wichtigste männliche Sexualhormon. Zu einem geringeren Anteil taucht es aber auch im weiblichen Körper auf. Bei Männern wird es vor allem in den Hoden produziert. Es verstärkt die Gesichts- und Körperbehaarung, steigert den Muskelaufbau, fördert die Bildung von Spermien und befördert in einer hohen Konzentration auch aggressives Verhalten. Testosteron spielt demnach eine zentrale Rolle in der männlichen Entwicklung.
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Wie hoch der Testosteronspiegel ist, hängt von verschiedenen Faktoren ab. Bis zur Pubertät produzieren Männer kaum Testosteron. Bei erwachsenen Männer sollte der Wert zwischen 3,5-9 µg pro Liter liegen. Ein zu niedriger Wert kann sich unter anderem durch ein außergewöhnlich starkes Brustwachstum, kleine Hoden, Unfruchtbarkeit, Muskelschwund und ein geringes Sexualverlangen bemerkbar machen. Ursachen dafür sind Alkohol- und Drogenkonsum, bestimme Medikamente, Infektionen oder chronische Erkrankungen.
Der Testosteronspiegel bei Männern sinkt auch, wenn sie Väter werden. Das Erziehen des Kindes trägt zur Senkung des Wertes bei. Waren die Väter der Väter schon stark an der Erziehung ihres Sohnes beteiligt, wird dieser Prozess noch einmal verstärkt, das haben die Forscher*innen um den Anthropologen Lee Gettler ermittelt. Wie stark der Einfluss ist, hängt wohl von der Beziehung zum eigenen Vater ab.
So sind die Forscher*innen vorgegangen
Die Forschenden haben diesen Zusammenhang entdeckt, indem sie Daten von etwa 1000 Männern auf den Philippinen aus den Jahren 1983 bis 2014 analysiert haben. Probanten waren Männer, die bereits eigene Kinder hatten. Es wurde ausgewertet, wie stark sich die Väter in der Kindheit und Jugend der Studienteilnehmenden an der Erziehung beteiligt haben. Der Testosteronspiegel wurde über Speichelproben gemessen.
Die Untersuchung ergab, dass vor allem die späteren Phasen wie die Pubertät ausschlaggebend waren für den Einfluss des Vaters auf die Testosteronwerte. Männer mit einem engagierten Vater in diesen Phasen produzieren weniger Testosteron als Männer, die ohne ihren Vater aufgewachsen sind oder die eine schlechtere Beziehung zu diesem haben. Aber was bedeutet das jetzt für Männer? Sollten sie sich besser weniger um ihre Kinder kümmern, um männlicher zu sein? Nach der Studie auf den Philippinen besteht kein Grund zur Sorge. Der durchschnittlich niedrigst gemessene Testosteronwert lag mit 3,9 µg pro Liter im Normalbereich.