So viele Bomben werden bis heute vermisst
Autor: Werner Diefenthal
Deutschland, Freitag, 28. April 2023
Mit den Atomwaffensperrverträgen begann die Abrüstung nach dem Kalten Krieg. Doch weitere Länder wollen noch Atomwaffen. Und auch Terroristen würden eine solche Waffe einsetzen. Außerdem: Zahlreiche Bomben sind "verloren" gegangen und werden bis heute vermisst.
- Neue Atommächte
- Wie kann man sie kontrollieren?
- Wie hoch ist die Gefahr, dass Terroristen sich einer Atombombe bemächtigen?
- Verschwundene Atombomben
Mit den Atomwaffensperrverträgen und der damit einhergehenden Abrüstung konnte die Welt aufatmen. Doch immer mehr Länder wollen ihrerseits jetzt Atomwaffen, darunter befinden sich auch Länder, in denen Demokratie ein Fremdwort ist. Doch auch Terroristen könnten in den Besitz von solchen Waffen geraten, noch dazu, wo weltweit Atombomben verloren gegangen sind.
Neue Atommächte - außer Kontrolle?
Die großen Atommächte haben ihre Arsenale verkleinert. Doch im Laufe der Jahre ist die Anzahl der Länder, welche über diese furchterregenden Waffen verfügen, stetig gewachsen. Und damit auch im Verhältnis die Anzahl der Sprengköpfe. Weltweit sind dies (Stand 2021) noch immer über 13.000, wobei Russland und die USA gemeinsam über fast 12.000 Stück verfügen. Die anderen Länder, die als Atommächte bekannt bzw. bei denen es als gesichert gilt, sind:
- China (350)
- Frankreich (290)
- Vereinigtes Königreich (225)
- Pakistan (165)
- Indien (156)
- Israel (90)
- Nordkorea (50, geschätzt)
Mit Ausnahme von Nordkorea und Israel haben allerdings alle diese Länder den Atomwaffensperrvertrag unterzeichnet. Doch auch der Iran arbeitet an Atomwaffen. Zwar hatte es 2015 einen Vertrag zwischen dem Iran, USA, Russland, China, Frankreich, Großbritannien und Deutschland einen Atomvertrag geschlossen, in welchem sich der Iran zu internationale Kontrollen seiner Atomanlagen verpflichtet hatte, doch dieser wurde durch Präsident Trump 2018 einseitig aufgekündigt. Als Gegenzug war in diesem Vertrag vereinbart worden, die Sanktionen gegen den Iran aufzuheben, doch Trump setzte diese wieder in Kraft. Damit fühlt sich der Iran nicht mehr an die Vertragsbedingungen gebunden.
Atomwaffensperrvertrag: Was steckt dahinter?
Auch andere Staaten wollen Atomwaffen in ihren Arsenalen. So sagte der türkische Präsident Erdogan, es sei nicht akzeptabel, dass andere Länder solche Waffen besäßen, die Türkei jedoch nicht. Umgeben von möglichen Konfliktparteien, unter anderem dem Iran mit einem eigenen Atomwaffenprogramm, sieht Erdogan sich in einer prekären Lage. Auf Lieferungen der USA braucht er nicht zu hoffen, denn sowohl Obama als auch Trump hätten diesen Wunsch abgelehnt. Im Jahr 2023 soll das erste Kernkraftwerk in der Türkei den Betrieb aufnehmen. Und dies ist meist der erste Schritt zur Bombe. Es wird auch spekuliert, ob Saudi-Arabien, das 16 Kernkraftwerke bauen will, oder auch möglicherweise Südkorea oder auch Japan möglicherweise selber solche Waffen herstellen wollen. Fatal ist dabei, dass Nordkorea aus dem Atomwaffensperrvertrag ausgeschieden ist und das Land unter einer diktatorischen Herrschaft steht. Internationale Kontrollen sind nicht möglich, das Land ist abgeschottet. Und über welche Waffen das Land verfügt, darüber kann nur spekuliert werden.
Wozu solche Pläne führen können, wird am Beispiel Irak deutlich. Anfang der siebziger Jahre verstaatlichte Saddam Hussein, damals noch Iraks Vizepräsident, die Ölfirmen und schuf damit die finanziellen Voraussetzungen für das irakische Atomprogramm. Für den Bau eines Reaktors musste alles eingekauft werden – Material, Know-how und auch Arbeiter. 1975 schloss der Irak ein Atomabkommen mit Frankreich, welches dann den ersten Atomreaktor an das Land verkaufte – inklusive Bau und Betrieb. Wie es hieß, sollte dieser Reaktor rein zivil zur Energiegewinnung genutzt werden. Doch das stieß auf Misstrauen. Aus welchem Grund sollte ein Land, das zahlreiche Ölquellen besaß, eine zusätzliche – und mehrere Millionen Dollar teure – zusätzliche Energiequelle benötigen?