Riesenstern Beteigeuze: Vor 2000 Jahren noch gelb gewesen - Forschung mittels ungewöhnlicher Methode
Autor: Redaktion
Tokio, Donnerstag, 02. Juni 2022
Der Riesenstern Beteigeuze sorgte bereits 2019 durch eine Veränderung für viel Aufmerksamkeit. Nun steht der "rote Riese" erneut im Fokus der Forscher: Erstmals war es möglich, dessen farbliche Veränderung genau zu datieren - mittels einer besonderen Methode.
Seit Jahrtausenden Jahren blicken Menschen zu den Sternen auf und beobachten diese. Das konnten sich jetzt Forscher zunutze machen: Sie veröffentlichten einen Artikel in der Fachzeitschrift Monthly Notices of the Royal Astronomical Society, indem sie ihre Forschungsarbeit zu der Farbveränderung des Riesensterns Beteigeuze beschrieben.
Das Revolutionäre: Die Forscher*innen aus den USA und Italien konnten erstmals einen genauen Zeitraum bestimmen, in dem der Farbwechsel des Sterns stattfand - dafür nutzten sie historische Aufzeichnungen.
Vor 2000 Jahren gelb: Farbveränderung des roten Riesensterns erstmals genau datierbar
Beteigeuze gehört zu den spannendsten Sternen unserer Galaxie: Er gehört zum Sternbild Orion und ist der zweithellste Stern in dieser Konstellation. Mit bloßem Auge ist er als heller roter Punkt von der Erde aus sichtbar - ein Riesenstern, der etwa die zwanzigfache Masse und etwa den achthundertfachen Durchmesser unserer Sonne hat. Bedingt durch die sich beständig entwickelnde Kernfusion in seinem Inneren, wirkt ein Stern umso röter am Himmel, je größer und massereicher er ist. Beteigeuze war jedoch nicht immer rot: Während seiner Lebensdauer - die bei roten Riesen wesentlich kürzer ist, als die unsere Sonne - verändert er seine Farbe. Er lebt nur wenige Millionen Jahre und endet schließlich als Supernova.
Wie gelang dem Wissenschaftlerteam um den Jenaer Astrophysiker Ralph Neuhäuser denn nun genau die Datierung des Farbwechsels? Aus überlieferten Texten, die auf etwa 100 Jahre v. Chr. bestimmt werden, soll der chinesische Hofastronom Sima Qian über die Farben der Sterne geschrieben haben: "Weiß ist wie Sirius, Rot wie Antares, Gelb wie Beteigeuze, Blau wie Bellatrix." Aus dieser und weiterer Quellen könne man daher schließen, so Neuhäuser, dass "Beteigeuze damals in der Farbe zwischen den blau-weißen Sirius und Bellatrix und dem rötlichen Antares gelegen haben muss". Zudem schrieb etwa 100 Jahre später der römische Gelehrte Hyginus, dass Beteigeuze von gleicher Farbe sei wie der gelb-orange Saturn. Heute ist der Riesenstern nahezu genauso tiefrot wie der Stern Antares im Sternbild Skorpion. Das bedeutet, dass er sich "in der Schlussphase seiner Entwicklung befindet", so Neuhäuser. In etwa 1,5 Millionen Jahren wird diese vorraussichtlich enden: Beteigeuze wird dann in einer Supernova explodieren.
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Bereits in den Jahren 2019 und 2020 sorgte Beteigeuze für viel Aufmerksamkeit, weil sich der eigentlich so helle Stern plötzlich signifikant verdunkelte. Im Februar 2020 hatte er nur noch 35 Prozent seiner üblichen Leuchtkraft. Schnell vermutete man, dass er nun zur Supernova würde. Auch wenn dieses Gerücht bald wieder aus der Welt geschafft wurde und sich die Fachwelt einig war, dass die plötzliche Verdunklung Beteigeuzes kein Hinweis auf eine bevorstehende Explosion war - das Rätsel um dieses Himmels-Phänomen konnte nicht gelöst werden.
Doch das änderte sich schließlich, als Forscher*innen der Universität Tokio Daten auswerteten, die eine Erklärung für die Verdunklung des Roten Riesen lieferte- und zwar ganz nebenbei. Denn eigentlich hatte ihr Wettersatellit mit dem Namen "Himawari-8" über Jahre die Erde im Blick. Zufällig beobachtete er aber auch immer wieder den eigentlich recht weit entfernt liegenden Beteigeuze. Über 4,5 Jahre sammelten sie etwa alle 1,7 Tage Daten zum Licht Beteigeuzes im optischen und Infrarot-Bereich. Auch der Zeitraum, in dem sich der Stern sichtbar verdunkelte, wurde erfasst.
Staub und niedrigere Oberflächentemperatur ließen Beteigeuze an Leuchtkraft einbüßen
Die Auswertung der Daten veröffentlichten die Forschenden im Fachmagazin "Nature Astronomy". Demnach wurde der Verlust der Helligkeit durch eine Kombination von zwei Phänomenen ausgelöst: Einerseits fiel die Oberflächentemperatur des Sterns um rund 140 Grad Celsius, andererseits kondensierte Staub aus dem warmen Gas in der Umgebung des Sterns. Der Staub verstärkte die Verdunklung, die der Temperaturabfall verursacht hatte.