Druckartikel: Zahl der Balkonkraftwerke seit Jahresbeginn verdoppelt: Lohnt es sich auch für dich?

Zahl der Balkonkraftwerke seit Jahresbeginn verdoppelt: Lohnt es sich auch für dich?


Autor: Klaus Heimann

Deutschland, Samstag, 26. Oktober 2024

Weniger Bürokratie, einfachere Genehmigung, günstiger Kauf der Solaranlage und viel Zustimmung zur Energiewende: Der Boom bei Balkonkraftwerken hält auch 2024 an.
Mit rund 730.000 Balkonkraftwerken gibt es 2024 so viele wie noch nie in Deutschland.


  • Zustimmung zur Energiewende ist auch im Jahr 2024 ungebrochen
  • 730.000 Balkonkraftwerke in Betrieb
  • Einsparpotenzial liegt bei 160 Euro pro Jahr
  • Weniger Bürokratie bei der Anmeldung
  • Die Preise für Mini-PV-Anlagen sind günstig

Die Zahl der Balkonkraftwerke in Deutschland steigt weiter rasant. Inzwischen zählt das Marktstammdatenregister der Bundesnetzagentur 707.000 "steckerfertige Solaranlagen" in Betrieb (Stand Oktober 2024). Das sind doppelt so viele wie zu Jahresbeginn. Wie ist dieser Boom zu erklären? Wir nennen die wichtigsten Gründe.

Zustimmung zur Energiewende ist auch im Jahr 2024 ungebrochen

Die Menschen in Deutschland machen aktiv mit bei der Energiewende, das ist die gute Nachricht des KfW-Energiewendebarometers aus dem Jahr 2024. Rund 31 %, insgesamt 12,9 Millionen Haushalte, nutzen inzwischen mindestens eine Energiewendetechnologie. Das sind 1,2 Millionen Haushalte mehr als ein Jahr zuvor. Zu den Energiewendetechnologien zählen Wärmepumpen, Photovoltaikanlagen (PV-Anlage), Solarthermieanlagen, Batteriespeicher, Kraft-Wärme-Kopplungen, Holzpelletheizungen und Elektroautos.

Unangefochtene Nummer eins in deutschen Haushalten ist dabei die PV-Anlage. Fast 15 % der Haushalte haben bereits eine, im Vorjahr waren es rund 12 %. Dynamisch war auch die Entwicklung bei den Batteriespeichern. Vor einem Jahr wurden sie von 3,7 % der Haushalte genutzt, ein Jahr später von 6,7 %. Besonders viele Energiewendehaushalte gibt es in Süddeutschland, 41 % nutzen dort eine der genannten Technologien. Besonders wenige sind es weiterhin in Ostdeutschland (24 %). 

Für diese Ergebnisse des KfW-Energiewendebarometers standen zwischen Dezember 2023 und April 2024 mehr als 6.000 Haushalte in Deutschland Rede und Antwort. Die generelle Zustimmung zur Energiewende ist etwas zurückgegangen. Rund 82 % der Haushalte geben an, dass für sie die Energiewende "sehr wichtig" oder "wichtig" ist – ein Jahr zuvor waren es noch 88 %. Außerdem bejahten rund 60 % der Befragten ihre Bereitschaft zur Mitwirkung an der Energiewende, nach 68 % ein Jahr zuvor. "Die rückläufigen Zahlen sprechen für eine gewisse Verunsicherung in der Bevölkerung. Allerdings gibt es weiterhin eine überwältigende Mehrheit, die die Energiewende positiv beurteilt", sagt Daniel Römer, Senior Economist im KfW Research und Mitautor der Studie.

730.000 Balkonkraftwerke in Betrieb

Absoluter Spitzenreiter bei den Technologien der Energiewende sind PV-Anlagen. Die Zahl der Balkonkraftwerke in Deutschland steigt weiter rasant: egal ob groß oder klein, auf dem Dach, der Garage, dem Balkon oder im Garten. Inzwischen gibt es laut Bundesregierung 730.000 aktive steckerfertige PV-Anlagen. Das sind mehr als doppelt so viele wie noch zu Jahresbeginn

Das Interesse an Balkonkraftwerken ist 2024 aus mehreren Gründen gestiegen: Die längst fällige Erhöhung der Einspeisegrenze auf 800 Watt ist jetzt umgesetzt, es gibt weniger Bürokratie bei der Installation und Anmeldung und das Mietrecht sieht bei der Zustimmung durch Vermietende Erleichterungen vor. Zudem ist der Kauf der Solaranlage so günstig wie niemals zuvor. Die installierte Maximalleistung kann inzwischen bei gut 600 Megawatt liegen. Seit dem 16. Mai 2024 ist die neue Richtlinie in Kraft. Wenn du über einen upgradefähigen Wechselrichter verfügst, kannst du die 800 Watt (Einspeisegrenze) vom Balkonkraftwerk jetzt nutzen. Von diesen maximalen Einspeisungen sind aber viele Balkonkraftwerke noch entfernt, viele Besitzende von Mini-PV-Anlagen können also nachrüsten. Der Trend zu mehr und zu leistungsfähigeren Mini-PV-Anlagen hält nach Einschätzung der Bundesnetzagentur unvermindert an.

Hinzu kommen zwei weitere Vereinfachungen durch das Solarpaket-Gesetz: Digitale Stromzähler sind nicht oder – besser gesagt – noch nicht verpflichtend (sie kommen erst nach und nach). Wird ein Steckersolargerät in einem Haushalt montiert, in dem der Stromzähler noch kein Zweirichtungszähler ist, kann (bei hoher Stromerzeugung und wenig Verbrauch) dieser Haushaltszähler (Ferraris-Zähler) auch rückwärts laufen. Seit Inkrafttreten des "Solarpakets I" (Mai 2024) wird das Rückwärtslaufen des Zählers übergangsweise geduldet. Die VDE-Normen empfehlen zusätzlich einen speziellen "Einspeise-Stecker". Verboten ist der haushaltsübliche Schuko-Stecker aber nicht. Dieser wird von rund 80 % der Steckersolargeräte in der Praxis genutzt. Die entsprechenden VDE-Normen sind vermutlich bis Ende des Jahres 2024 geändert und sollen die Nummer VDE 0126-95 tragen.

Einsparpotenzial liegt bei 160 Euro pro Jahr

Bei Balkonkraftwerken, die mehr als insgesamt 800 Watt erzeugen können, drosseln die Wechselrichter die Einspeisung. Das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) definiert Steckersolargeräte (§ 9 Abs. 1 EEG) bis zu einer maximalen Modulleistung von 2000 Watt. Die im Haushalt angeschlossenen Geräte nutzen zuerst die Sonnenenergie, bevor sie auf den Strom vom Versorger zurückgreifen.

Wie viel Solarstrom ein Balkonkraftwerk wirklich liefert, hängt von mehreren Faktoren ab: vor allem von der Ausrichtung, dem Neigungswinkel und der Sonneneinstrahlung. In Süddeutschland ist der Ertrag höher als im Norden. Die Hochschule für Technik und Wirtschaft in Berlin rechnet für ein 600-Watt-System an einem Südbalkon ohne Verschattung mit 400 bis 600 Kilowattstunden im Jahr.

Bei einem Preis von 30 Cent je Kilowattstunde für Haushaltsstrom vom Versorger lassen sich somit theoretisch bis zu 180 Euro pro Jahr sparen. Praktisch ist es aber kaum umsetzbar, den Solarstrom immer dann komplett zu verbrauchen, wenn er entsteht. Mit einer Mini-Solaranlage lässt sich meistens der Stand-by-Verbrauch der Elektrogeräte zu Hause (Kühlschrank, Router usw.) decken. Ein Beispiel aus der Praxis zeigt, dass eine Einsparung von rund 160 Euro im Jahr bei den Stromkosten realistisch ist.

Weniger Bürokratie bei der Anmeldung

Zum Stichwort Entbürokratisierung: Wo musst du ein Steckersolargerät oder einen Batteriespeicher anmelden? Der Betrieb eines Balkonkraftwerks oder eines Speichers ist nur möglich, wenn die Geräte im sogenannten Marktstammdatenregister der Bundesnetzagentur angemeldet werden. Der Anmeldeprozess ist jetzt vereinfacht und beschränkt sich neben den Angaben zur Person und E-Mail-Adresse auf fünf Angaben:

  • Leistung der Module
  • Leistung des Wechselrichters
  • Standort
  • Datum der Inbetriebnahme
  • Stromzählernummer

Die Meldung per Onlineformular kannst du selbst machen oder der Handwerker übernimmt das. Da ein Steckersolargerät formal betrachtet eine netzgekoppelte PV-Anlage ist, ist die Anmeldung verpflichtend. Ohne Anmeldung im Marktstammdatenregister droht dir ein Bußgeld. Die früher notwendige Anmeldung beim Netzbetreiber (beispielsweise den Stadtwerken) entfällt komplett.

Die Preise für Mini-PV-Anlagen sind günstig

Kosteten Balkonkraftwerke vor einem Jahr noch über 1.000 Euro, fallen die Preise für die Mini-PV-Anlagen in einem ähnlichen Tempo wie bei großen Solaranlagen. So gibt es inzwischen ein Balkonkraftwerk mit 830 Watt Modulleistung und einem 800-Watt-Wechselrichter bereits zu einem Preis von unter 300 Euro beim Discounter Netto oder im Aldi-Onlineshop. Der Grund dafür sind die gefallenen Kosten für Solar-Module, die meist kostengünstig in China produziert werden.

Das gestiegene Interesse führt nach Einschätzung der Preissuchmaschine Idealo dazu, dass immer mehr Anbieter auf den Markt drängen und das Angebot wächst. Waren 2022 im Schnitt 37 Angebote für Balkonkraftwerke bei Idealo gelistet, stieg die Zahl 2023 bereits auf 785 an. Im ersten Quartal 2024 waren es sogar durchschnittlich 1.162 Angebote. Gleichzeitig entwickeln sich die Preise in die entgegengesetzte Richtung: Waren für ein Balkonkraftwerk im April 2022 durchschnittlich rund 1.007 Euro fällig, mussten Verbraucher im April 2024 im Schnitt nur noch 712 Euro einplanen. Das entspricht einem Preisverfall von 29 %. 

Eine Marktanalyse von Verviox bestätigt den Trend. Die Anschaffungskosten liegen zwischen 500 und 700 Euro. "Seit letztem Jahr entfällt die Mehrwertsteuer auf Solaranlagen, darum sind auch Balkonkraftwerke deutlich günstiger geworden. Sie lohnen sich oft auch dann, wenn keine Idealbedingungen erreicht werden, etwa weil die Ausrichtung nicht optimal ist. Es dauert dann nur etwas länger", sagt Thorsten Storck, Energieexperte bei Verivox. "Darüber hinaus bieten viele Kommunen und einzelne Bundesländer wie Mecklenburg-Vorpommern und Berlin eine Förderung für den Kauf von Mini-Solaranlagen an. Dadurch können die Anschaffungskosten noch weiter gesenkt werden", so Storck weiter.