Trotz Heim-EM: Brauereien verkaufen historisch wenig Bier - "existenzgefährdende Sandwich-Position"
Autor: Agentur dpa
Wiesbaden, Montag, 03. Februar 2025
Deutsche Brauereien verkaufen immer weniger Bier - im vergangenen Jahr konnte nicht einmal die Heim-EM die Zahlen nach oben schrauben. Die Branche steht vor so einigen Herausforderungen.
Schlechte Zahlen: Trotz der Fußball-Europameisterschaft im eigenen Land haben die deutschen Brauereien im vergangenen Jahr historisch wenig Bier verkauft. Vor allem kleinere Betriebe stehen nach Branchen-Einschätzung am Scheideweg, weil hohe Investitionen anstehen, um den energieintensiven Brauprozess klimaneutral zu machen.
Im Inland ging der Absatz im Vergleich zum bereits mauen Vorjahr noch einmal um 2,0 Prozent auf 6,8 Milliarden Liter zurück, wie das Statistische Bundesamt mitteilt. Das ist der niedrigste Stand seit Neufassung der Biersteuer im Jahr 1993, welche die Grundlage der Statistik bildet.
Absatz der Brauereien trotz Heim-EM im Keller - schlechtes Wetter und neue Trends mitverantwortlich
Auch der wieder anziehende Export konnte die Bilanz der Brauer nicht nachhaltig verbessern. Die um 1,6 Prozent gewachsenen Ausfuhren machen den deutlich kleineren Anteil des Gesamtabsatzes aus. Dieser beträgt 8,3 Milliarden Liter, was einen Rückgang um 1,4 Prozent zum Vorjahr bedeutet. Wesentliche Gründe für den geringeren Absatz bei gleichzeitig wachsender Bevölkerung sind der Trend zu einem gesünderen Lebensstil mit weniger Alkohol sowie die allgemeine Alterung der Gesellschaft.
Der Deutsche Brauer-Bund beschreibt das Jahr 2024 als Achterbahnfahrt: Hatte der Bier-Absatz bis Mai 2024 im Inland noch ein Plus von 2,5 Prozent aufgewiesen, drehte der Markt über den Sommer überraschend ins Minus. Dazu hätten die "Wetterkapriolen" beigetragen, mit Regenperioden im Frühjahr und Sommer, teilt der Verband mit. "Viele Biergartenbesuche fielen buchstäblich ins Wasser, betroffen waren auch Events rund um die Fußball-Europameisterschaft. Der nasse Juni war der schlechteste Bier-Monat im Vorjahresvergleich mit minus 13,5 Prozent national."
In den Absatzzahlen nicht enthalten sind alkoholfreie Sorten, die nicht versteuert werden und seit Jahren einen kontinuierlichen Aufwärtstrend verzeichnen. Der Deutsche Brauer-Bund erwartet, dass bald jedes zehnte in Deutschland gebraute Bier alkoholfrei sein wird. "Die Zeiten, in denen Alkoholfreies ein reines "Autofahrerbier" war, sind längst vorbei. Heute ist alkoholfreies Bier ein Lifestyle-Getränk, das durch seine Vielfalt und seinen Geschmack überzeugt", heißt es vom Verband in Berlin.
Trend-Getränk alkoholfreies Bier - Herstellung sehr energieintensiv
Über die Strukturkrise der kleinteiligen Branche mit rund 1.500 Betrieben kann aber auch der Erfolg der alkoholfreien Biere nicht hinwegtäuschen. Beim Brauen werden große Mengen Flüssigkeit erst erhitzt und dann wieder gekühlt, wozu eine Menge Energie notwendig ist, die bislang noch überwiegend aus fossilen Energieträgern stammt.
Ohne Alkohol: Die beste Entscheidung meines Lebens - den Besteller auf Thalia ansehenVeltins-Chef Volker Kuhl sieht die Branche vor einer Nagelprobe: "Die Verbraucher müssen sich in vielen Teilen des Landes ernsthaft sorgen, wie es mit der kleinteiligen Brauwirtschaft in Zukunft weitergeht." Marktgefüge und Handelsmacht einerseits sowie Beschaffungskosten und Investitionszwang in die energetische Transformation andererseits brächten viele Brauereien in eine "existenzgefährdende Sandwich-Position, aus der ihnen niemand heraushelfen kann."