Balkonkraftwerk: Geniale lässt Preise fallen
Autor: Philipp Eigner, Julian Drescher, Sophie Gürtler
, Donnerstag, 20. Februar 2025
Solarmodule, die voll funktionsfähig auf dem Schrott landen - ein junges Start-Up kämpft dagegen an und macht so Balkonkraftwerke zum Discountpreis möglich. Mit Abstrichen bei der Leistung?
Von Refurbished (englisch: wiederaufbereitete) Smartphones hat jeder schon gehört - gebrauchte Handys werden von Händlern angeworben, generalüberholt und weiterverkauft. Das spart wertvolle Ressourcen wie Lithium und Seltene Erden und reduziert den ökologischen Fußabdruck, da bei der Herstellung von Elektrogeräten CO2 freigesetzt wird. Dieser Trend setzt sich jetzt auch im Bereich der Balkonkraftwerke fort.
Das fränkische Start-up Panelretter* hat sich der Aufgabe verschrieben, Module vor der Verschrottung zu retten. Sie kaufen neue Solarmodule mit rein optischen Mängeln oder gebrauchte, aber voll funktionsfähige Module für Steckersolargeräte - so die offizielle Bezeichnung für Balkonkraftwerke - im großen Stil ein. Ware, die sonst auf dem Schrott landen würde, bekommt hier eine "zweite Chance". Die Kernidee: Voll funktionsfähige Solarpaneele "sozial" wiederaufbereiten - und so Emissionen sowie Ressourcen sparen.
Die Panelretter möchten den Balkonkraftwerke-Markt, der nicht frei von einer gewissen Wegwerf-Mentalität ist, grundlegend umgestalten. Für diesen nachhaltigen Ansatz bekommt das Team um Tillmann Durth viel Anerkennung, so hat sich zuletzt auch das Nachhaltigkeitsportal Utopia.de mit der Geschäftsidee beschäftigt. Der Preis ist attraktiv, doch wo kommen die Module her und wie gestaltet sich die Wiederaufbereitung - diese Fragen klären wir im zweiten Teil unseres Artikels.
"Refurbished" Balkonkraftwerk zu attraktiven Preisen: Mini-PV ab 399 Euro inkl. Halterung
Mit der Billig-Mentalität im Bereich der Balkonkraftwerke, die maßgeblich auf die Staatssubventionen Chinas zurückzuführen ist, können die Panelretter nichts anfangen. "Solarpaneele ankaufen und sozial refurbishen hat seinen Preis", sagt Tillmann, Geschäftsführer von Panelretter. "Wohin die Immer-Billiger-Mentalität führt, sehen wir! Wichtiger ist es uns, CO2-Emissionen und Müll einzusparen und unsere Balkonkraftwerke sozial im Geist der Inklusion in Deutschland wiederaufzubereiten." Um diese Kosten zu decken, sind die Mini-Solaranlagen von Panelretter im Schnitt 50 bis 100 Euro teurer als konventionelle Neuware aus China.
Doch auch die Panelretter scheuen den Wettbewerb nicht: Das Premium Refurbished Balkonkraftwerk* mit 810 Watt ist bereits ab 399 Euro inklusive Halterung (ab 329 Euro ohne Halterung) zu haben. Die kleine Photovoltaikanlage arbeitet im Komplettset mit dem beliebten und wetterfesten Hoymiles-Wechselrichter, der mit einer hohen Effizienz von 96,50 Prozent und mit 12 Jahre Herstellergarantie den produzierten Solarstrom in Wechselstrom umwandelt. Die sichere und robuste Halterung trotzt jedem Unwetter und fängt durch die frei einstellbaren Neigungswinkel die Sonneneinstrahlung optimal ein. Die Mini-PV gibt es ohne oder mit Halterung für den Balkon*, die Wand*, das Flachdach* und das Ziegeldach*. Das Basic-Set bekommst du für günstige 329 Euro, das teuerste Set fürs Ziegeldach schlägt mit rund 500 Euro zu Buche.
Balkonkraftwerke bei Panelretter ansehenBeispielset: Steckersolargerät mit 810 Watt für den Balkon - das sind die Komponenten
So setzt Panelretter beim Balkonkraftwerk-Set für den Balkon* auf folgende Fabrikate:
- 2x Solarmodule 405 Watt SENEC.Solar
- 1x HMS-800W-2T Mikrowechselrichter Hoymiles
- 2x Halterung für Balkon
- Befestigung und DC-Verkabelung (ab 5 Euro)
- Preis: 399 Euro
- Versandkosten: zzgl. 49,95 Euro
- Anschlusskabel Steckdose (3 Meter): zzgl. 20 Euro
Unsere Einschätzung: "Win-Win"-Angebot oder fauler Apfel?
Zwar bekommt man bei Discountern wie Lidl oder Netto mittlerweile solide Balkonkraftwerke für unter 300 Euro, es handelt sich aber in der Regel um Lockangebote ohne Halterung. Dafür werden je nach Händler nochmal 100 bis 150 Euro fällig. Unterm Strich sind die Preise von Panelretter also wettbewerbsfähig. Zumal das Start-up nur 49,95 Euro für den Versand veranschlagt. Andernorts liegen Versandkostenpauschalen bei 70 bis 90 Euro.
Bei den Preisen müssen sich die Panelretter also nicht verstecken, zumal die ökologischen und sozialen Faktoren unserer Meinung nach auch einen höheren Preis rechtfertigen würden. Es handelt sich also um ein "Win-Win"-Angebot für den Kunden und den Markt.
Voll funktionsfähige Komplettsets mit kleinen optischen Makeln
Die Mini-Solaranlagen im Shop der Panelretter* sind voll funktionsfähig. Alle Komponenten, die für den Aufbau und Anschluss gebraucht werden, sind im Set enthalten und werden direkt zu dir nach Hause geliefert. Die DC-Verkabelung oder ein Anschlusskabel für die Steckdose bekommst du gegen einen kleinen Aufpreis. Kein Herumschlagen mit fehlenden Schrauben oder nicht passendem Kabel. Nur das Basic-Set* wird ohne Halterung ausgeliefert.
Eventuelle Gebrauchsspuren beschränken sich auf kosmetische Aspekte, wie feine Kratzer oder leichte Schrammen, bis hin zu sichtbaren Gebrauchsspuren oder Farbveränderungen an Lackierungen und Oberflächen der Modulrückseite. Keiner der Mängel beeinträchtigt in irgendeiner Weise die Sicherheit oder Leistung der Module. Auf dem freien Markt landen diese Module auf dem Schrott, im Folgenden gehen wir auf den Missstand ein.
"Zweites Chance" als Balkonkraftwerk: Händler rettet Module vor Verschrottung
Als Panelretter-Mitgründer Christoph Kirschner für sein Haus eine Solaranlage anschaffte, wurden einige Solarmodule alleine wegen kleiner Schönheitsfehler retourniert. Das passiert schnell, etwa beim Versand oder bei der Montage. Christoph wurde hellhörig und fragte bei der Solarfirma nach. Er musste feststellen, dass die Paneele im Müll landeten, obwohl sie technisch einwandfrei funktionierten. Das weckte das Interesse des umweltbewussten Elektroingenieurs. Bei seiner Recherche fand Christoph heraus, dass dies kein Einzelfall ist: In Deutschland werden jedes Jahr hunderttausende von Modulen aus nichtigen Gründen verschrottet. Dass dies kein Status quo war, mit dem Christoph leben wollte, stand schnell fest.
Gemeinsam mit Tillmann rief er die Panelretter ins Leben. In ihrem Online-Shop* bieten sie Balkonkraftwerke an, die aus gebrauchten, aber voll funktionsfähigen Solarmodulen bestehen. Wertvolle Ressourcen, die ansonsten viel zu früh der Verschrottung zum Opfer gefallen wären. Immerhin werden die Solarpaneele zu über 90 Prozent in China produziert und verursachen bei der Herstellung und Verschiffung selbst CO2-Emissionen. Diese sind aber vergleichsweise gering: Der dadurch erzeugte Ökostrom macht den Faktor CO2 bereits nach einem Jahr wett. Man kann also sagen, dass das Modul danach eine positive Klimabilanz hat. Moderne Module verrichten aber realistisch 20 Jahre und mehr ihren Dienst. Durch die Verschrottung werden sie der Klimabewegung als wertvolle Ressourcen entzogen.
Hier spielt auch die aggressive Handelspolitik Chinas eine Rolle: Der chinesische Staat subventioniert einer aktuellen Studie des Kiel Institus für Weltwirtschaft (IfW) nach grüne Technologien um mehr als das Drei- bis Neunfache dessen, was andere OECD-Länder wie die USA oder Deutschland für Unternehmenssubventionen ausgeben. Das Ergebnis: Die in China hergestellten Module werden weltweit so billig angeboten, dass wegschmeißen aus wirtschaftlicher Sicht meist die sinnvollste Option ist - und das dringend nötige Recyclen sich schlicht für Großinvestoren nicht lohnt. Die Deutsche Umwelthilfe warnt bereits jetzt vor einer Million Tonnen Altmodulen im Jahr 2030 und mahnt zum Ausbau von Recycling-Kreisläufen, um die Umwelt zu schützen.
Panelretter: Zum ShopHerkunft: Panelretter setzt auf generalüberholte Qualitätsware - und soziales Engagement
Die Refurbished Solarpaneele von Panelretter stammen aus zwei Quellen: Zum handelt es sich um Ware, die - wie bei Christoph - während des Versands oder der Installation optische Schäden erleidet und retourniert wird. Zum anderen arbeitet Panelretter mit gebrauchten Modulen aus Solarparks, die oft noch relativ neu sind und eine Restlaufzeit von über 20 Jahren haben. Diese Solarmodule werden allzu oft vom Betreiber im Zusammenhang mit "Repowering" durch neuere, leistungsstärkere Modelle ersetzt - um die Stromproduktion und damit die Einnahmen zu steigern. Die vorhandenen Solarpaneele, die gut und gerne noch eine Laufzeit von mehreren Jahrzehnten vor sich haben, landen auf dem Schrottplatz. Ein Skandal, finden Tillmann und Christoph.
Im weiteren Schritt werden die Module der Panelretter von einem TÜV-zertifizierten Prüflabor auf Herz und Nieren getestet. Die Paneele dürfen maximal zehn Jahre alt sein, müssen mindestens 90 Prozent ihrer Nennleistung erbringen und sich in einem tadellosen Zustand befinden. Bestehen die Solarmodule die strengen Leistungstests, werden sie in Zusammenarbeit mit der Lebenshilfe Erlangen gesäubert. Ein Inklusionsprojekt, das den beiden am Herzen liegt. Anschließend werden die Refurbished Balkonkraftwerke in Verpackungen "second use" versendet - das sind bereits genutzte, unperfekte Kartons und Luftpolsterfolien, die gebraucht erworben und wiederverwendet werden. Deswegen kann jeder gelieferte Karton von den Panelrettern unterschiedlich aussehen.
Grüne Pioniere aus Nürnberg: Panelretter
Die Panelretter sind ein junges Start-up mit Standort in Nürnberg. In Zusammenarbeit mit der Lebenshilfe Erlangen bereiten sie gebrauchte, aber voll funktionsfähige Solarpaneele wieder auf, die ansonsten in der Schrottpresse landen würden. Sie bieten dir auch an, dich bei deinem Stecker-Solarprojekt nach Maß* in einem unverbindlichen Beratungsgespräch persönlich zu unterstützen.
Auf dem Blog* der Panelretter findest du praktische Informationen rund um dein Balkonkraftwerk. Mit ihrem hausinternen Ertragsrechner* kannst du gratis dein gespartes CO2 und Geld berechnen. Ein praktischer Chat-Bot unterstützt dich außerdem auf der Webseite ihres Online-Shops* rund um deinen Einkauf. Außerdem registrieren sie dein Balkonkraftwerk für dich gratis im Martkstammdatenregister.
Panelretter: Zum Shop