Corona und die Industrieproduktion 2022: Die Lieferketten sind zum Zerreißen gespannt
Autor: Klaus Heimann
Deutschland, Sonntag, 16. Januar 2022
Die Industrie geht nur mit verhaltener Zuversicht ins Jahr 2022. Laut Industriepräsident Siegfried Russwurm (BDI) sind die Auftragsbücher zwar voll, aber so richtig gut läuft es nicht. Bleibt die Frage, woran hapert es?
- Container-Häfen haben Sortierprobleme und Europlatten sind Mangelware
- Lange Wartezeit auch bei Waschmaschinen und Geschirrspülern
- Arbeitgeberverbände sehen Probleme
- Und das sind die Konjunkturerwartung des ifo-Institut und der Gewerkschaften
- Der Klimawandel und die gestörten Lieferketten
- Die fehlenden Fahrräder und der Fachkräftemangel
Pandemiebedingte Einschränkungen und Lieferengpässe beeinträchtigen viele Branchen. Der Automobilindustrie fehlen die Chips, Europaletten sind überall knapp genauso wie Papier. Der Wirtschaft insgesamt droht ein weiteres "Stop-and-Go-Jahr", sagen die Arbeitgeberverbände und die Wirtschafts-Forschungsinstitute.
Container-Häfen haben Sortierprobleme und Europlatten sind Mangelware
Prof. Michael Hüther, Direktor des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) beschreibt zum Jahreswechsel sehr plastisch im Interview mit dem Deutschlandfunk, wie die Probleme bei den Lieferketten aktuell sind. Im Augenblick würden 80 Prozent der Unternehmen berichten, sie hätten Probleme, die notwendige Elektronik zu beschaffen.
Video:
"Wir haben hier aber vor allen Dingen Logistiksystem-Probleme. Es ist ja nicht so, dass nicht produziert würde, sondern die Dinge kommen einfach nicht aus den Häfen und sie kommen über die Containerschiffe nicht bei uns an." Er beschreibt auch, dass die Logistikkosten steigen. Auch viele Häfen in der Welt hätten "Sortierprobleme", weil sie zu sind oder die Schiffe sich stauen. Für 2022 prognostiziert er: "Das löst sich auf."
Es sind oft Kleinigkeiten, die fehlen, aber wichtig sind: beispielsweise Europaletten (EPAL). "Es ist eine der verrücktesten Entwicklungen innerhalb der Kostenlawine, die uns in diesem Jahr überrollte", sagt Technik-Geschäftsführer Peter Peschmann mit Blick auf 2021, von der Veltins-Brauerei in Meschede-Grevenstein im Sauerland, dem Online-Fachmagazin topagrar. Alleine C. & A. Veltins musste bis Jahresende mehr als 1,5 Mio. Euro Mehrkosten für EPAL aufwenden, eine Steigerung von 150 Prozent. Schlimmer noch: Ein Ende der Hochpreisphase für Palettenholz ist nicht in Sicht. Während Veltins noch vor der Pandemie einen EPAL-Stückpreis von 7,30 Euro hatte, explodierten sie 2021 auf zeitweise bis zu 20 Euro. Das Unternehmen braucht jedes Jahr 180.000 neue EPAL.
Lange Wartezeit auch bei Waschmaschinen und Geschirrspülern
Nicht die gleichen, aber ähnliche Probleme haben die Haushaltsgerätehersteller. Miele hat wegen fehlender Bauteile seine Produktion im Gütersloher Waschmaschinenwerk gedrosselt und einen Teil der Belegschaft in Kurzarbeit geschickt. "Diese betrifft von ihrer Größenordnung her ungefähr zwei Tage pro Woche", berichtet ein Miele-Sprecher der tagesschau.de. Dem 'Weiße-Ware-Produzenten' fehlen nach eigenen Angaben Elektroteile zur Steuerung der Maschinen.
Besonders lang seien derzeit die Lieferzeiten mit bis zu 14 Wochen bei den Geschirrspülern, berichtete der Miele-Sprecher. "Bei den Waschmaschinen haben die Einstiegsgeräte etwa zwei Wochen Lieferzeit, bei den übrigen Modellen kann die Lieferzeit ähnlich lang werden wie bei den Geschirrspülern. Bei den Staubsaugern sind es je nach Modell zwischen zwei und sechs Wochen."