Gilt die neue Restmüll-Regel? Deutschland widersetzt sich Textil-Vorgabe der EU
Autor: Strahinja Bućan
Deutschland, Freitag, 31. Januar 2025
Die Verwirrung rund um eine neue Restmüll-Verordnung ist groß. Zunächst hieß es, dass Textilien auf keinen Fall mehr in den Hausmüll gehören. Nun gilt wieder Rolle rückwärts - zumindest für Deutschland. Denn das Land ist trotz gestiegener Alttextil-Mengen Vorbild beim Widerverwerten.
Zum Jahreswechsel hat eine neue Müll-Auflage der EU für Aufregung gesorgt. Demnach ist es seit Januar 2025 verboten, verschlissene und verschmutzte Altkleider in den Restmüll zu werfen. Im Schnitt kaufen die Menschen EU-weit pro Jahr und Kopf 26 Kilo Textilien, wobei elf umgehend wieder in der Tonne landen. Um ein weiteres Anwachsen der Müllberge - 90 Prozent der Textilien im Restmüll werden verbrannt oder deponiert - zu vermeiden, hat sich die Union auf ein Verbot von Altkleidern im Hausmüll geeinigt.
Die Verordnung ist keine zwei Wochen in Kraft - schon kommt zumindest für Deutschland die Wende. "Stoffe, die zu kaputt oder verschmutzt sind, können Sie wie bisher auch im Restmüll entsorgen", heißt es nämlich von der Verbraucherzentrale NRW unter Berufung auf die zuständigen kommunalen Dienste.
Alles ganz anders - Altkleider-Regel gilt doch nicht in Deutschland
Auch in Deutschland produzieren die Menschen deutlich mehr Müll mit Bekleidung und Textilien als noch zehn Jahre zuvor. Rund 175.000 Tonnen Bekleidungs- und Textilabfälle wurden im Jahr 2023 in Deutschland von privaten Haushalten eingesammelt, wie das Statistische Bundesamt (Destatis) nach vorläufigen Ergebnissen mitteilt. Das bedeute einen Anstieg von 55 Prozent im Vergleich zu 2013. Für 2024 machte Destatis noch keine Angaben. Die meisten Bekleidungs- und Textilabfälle der vergangenen zehn Jahre wurden im Corona-Jahr 2020 mit rund 187.000 Tonnen verursacht.
Doch trotz der Mengen gilt Deutschland als Musterschüler, was das Recycling der Alttextilien angeht. In Deutschland landen aktuellen Zahlen zufolge 50 bis 65 Prozent der Textilien bei der Altkleidersammlung - EU-weit sind es im Schnitt gerade einmal 22 Prozent, bei Schlusslicht Lettland sogar nur fünf Prozent. Aus diesem Grund widersetzt sich die Bundesrepublik derzeit noch den neuen EU-Regeln zu Stoffen im Restmüll
Laut dem Verband kommunaler Unternehmen (VKU) ist Deutschland in diesem Punkt gerade deshalb so erfolgreich, da die Sortierung und Weiterverwertung von Textilien gemeinnützige Vereine wie Awo und Caritas übernehmen. "Die in diesem System erfassten Textilien werden in einem aufwendigen Prozess sortiert und entweder einer Wiederverwendung als Secondhand-Bekleidung oder einem Recycling (z.B. als Material für Putzlappen oder Dämmstoffe) zugeführt. Mit diesem System wird heute eine Wiederverwendungs- und Verwertungsquote von mehr als 90 Prozent erreicht", heißt es dazu von der VKU gegenüber der Verbraucherzentrale NRW.
Nicht tragbare Kleidung darf weiter in der Restmülltonne entsorgt werden
Die VKU - die bundesweit fast 1600 Stadtwerke und kommunalwirtschaftliche Unternehmen vertritt - sagt deshalb ganz klar: "Aus diesem Grund sollten stark zerschlissene, verdreckte oder anderweitig kontaminierte Textilien weiterhin über die Restmülltonne entsorgt werden."
Ähnlich sieht es beispielsweise auch der oberfränkische Landkreis Coburg. "Nicht tragbare Kleidung darf weiterhin im Restabfall entsorgt werden. Saubere, unbeschädigte und gut tragbare Kleidung, Heimtextilien und paarweise gebündelte Schuhe werden in Deutschland hingegen weiterhin von den größtenteils gemeinnützigen Organisationen über Container gesammelt und entsprechend verwertet", heißt es in einer Pressemitteilung des Landratsamtes.